TV-Kritik: "Der große Coup":Ein Panzerknacker tötet die Stimmung

Eine Tonne Geld, aber nur ein Milligramm Unterhaltung: Jörg Pilawas neue ARD-Show war alles andere als ein großer Coup.

Julia Eder

Fast fühlte man sich an die Panzerknacker aus Dagobert Duck erinnert: Es gibt eine Mission, ein Tresor soll geknackt werden mit einer Tonne Gold und Geld darin. Doch keine falsche Hoffnung: So spannend wie in den Comics war die Premiere der ARD-Sendung "Der große Coup" nicht.

TV-Kritik: "Der große Coup": Panzerknacker ohne Spannung: Premiere der ARD-Sendung "Der große Coup".

Panzerknacker ohne Spannung: Premiere der ARD-Sendung "Der große Coup".

(Foto: Foto: dpa)

Eigentlich geht es um einen guten Zweck - das ist nicht neu für eine Quiz-Show, besänftigt aber kritische Stimmen. Für "Trauerland - Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche e. V.", die "Per Mertesacker Stiftung" oder für "Humor hilft heilen" wird eine Tonne Geld gespendet. Seit wann es bei Geld nach Gewicht geht? Wie viel das wert ist? Das bleibt bis zum Ende geheim - zumindest ein spannendes Thema, das sich den Abend durchzieht.

Aber wie der Comedian Guido Cantz schön mit Verweis auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühren bemerkt: "Die GEZ ist ja gleich vor der Tür, wir wissen also, wo das Geld herkommt."

Am Ende wird das Geheimnis dann doch gelüftet: Es gibt 80.000 Euro zu gewinnen. Mit anderen Worten: Der Gegenwert der monatlichen GEZ-Gebühren von 4444 Menschen. Die gingen am Ende an "Humor hilft heilen".

"Der große Coup" wurde von der ARD angekündigt als "Hochspannung und garantierte Unterhaltung für die ganze Familie" - eine Sendung, die Innovationskraft und Identität der ARD zeigen sollte. Einsatzleiter bei der Geldjagd, also quasi Ober-Knacker, ist der letzte verbliebene Unterhaltungs-Quotenkönig des Ersten, der smarte Jörg Pilawa, der im Verdacht steht, zum ZDF wechseln zu wollen.

Pilawa beschränkte sich darauf, die acht Spiele zu erklären, bei denen die Teams Punkte sammeln konnten. Das Publikum zu fesseln, lag dann an den Promis in den Teams. Im Team der "Per Mertesacker Stiftung" war es Guido Cantz, das kölsche Pendant zu Mario Barth, der für die Sendung ausgegraben wurde - schließlich ist die ARD wohltätig an diesem Abend.

Seine Sendung "Deal or No Deal" wurde wegen zu schlechter Quoten eingestellt, aber zumindest an diesem Abend hielt er Publikum und Zuschauer eher bei Laune als Moderator Pilawa. "Humor hilft heilen" wiederum bekam Unterstützung von Eckard von Hirschhausen, dem Glücksritter der deutschen Buchbestseller-Hitparaden und Weißkittel der ausgelachten ARD-Humoreske "Schmidt und Pocher".

Die dritte im Bunde: Susanne Fröhlich im Team von "Trauerland". Wem der Name nichts sagt: Hauptberuflich ist sie Journalistin, hat sich in letzter Zeit aber als Kämpferin gegen Pfunde und Falten profiliert. Fröhlich verhält sich in der Show sehr ruhig, das Team hat nach Runde vier ausgemopppelt, mit 2500 Euro Trostpreis.

"Können wir jetzt aufhören?"

Vielleicht lag es an den Teams, dass die Spannung auf sich warten ließ, vielleicht lag es an der blauen Farbgebung der Kulisse - blau soll ja beruhigen -, oder waren es doch die wenig originellen Spiele? Eckard von Hirschhausen schienen die Übungen kaum Spaß zu machen: "Können wir jetzt aufhören?", fragte er ungeniert. Größtenteils waren es Aufgaben, wie sie in einem IQ-Test vorkommen könnten. Innovativ war daran, dass sie an Touch-Screens gelöst wurden.

Da sollten zum Beispiel "Wer-wird-Millionär?"-Fragen beantwortet werden. Und da es eine Sendung für die ganze Familie, also auch für Oma und Opa, sein soll, ist die Kulisse dafür die bewährte "Lindenstraße" aus dem ARD-Programm; der Fragensteller Bill Mockridge firmierte als "Erich Schiller", vielleicht weil sich der Sender nicht getraute, ihn - sagen wir - "Hubert Goethe" zu nennen.

Zwischendurch sollte Stimmung in die Show mit altbewährten Mitteln gepumpt werden: Mockridge bot Kalauer mit Discounter-Qualität ("Ich will keine Namen nennen, aber wir gehen zu dem Supermarkt, wo es Aldi schönen Sachen gibt"), und obendrein gab's noch Vulgär-Dialoge (Hirschhausen: "Der Kaffee schmeckt wie ausgeschissen" - Pilawa: "Das war aber keine Scheißfrage"). Ein paar einfache Rechenaufgaben kühlten die derart wie im Reaktor erhitzte Show ab: "Es ist der 27. Dez. 1977. Subtrahieren Sie davon fünf Jahre elf Monate und 22 Tage." So etwas sorgt um 22 Uhr für die nötige Bettschwere.

Und dann waren da noch die Bilderrätsel. Guido Cantz war so gut, dass er schwören musste, die Fragen vorher noch nicht gekannt zu haben: "Das stimmt Herr Kerner... äh, Pilawa." Jörg Pilawa wechselte schnell das Thema - ebenso schnell wie er den Sender wechseln wird? Zumindest an diesem Abend hat er sich von seinem Job, die ARD-Zuschauer zu unterhalten, verabschiedet. Dass sich das Erste Programm damit erneut in seinen Konzepten den privaten Sendern angenähert hat, ist fast schon eine Randnotiz.

Auf den großen Coup muss die ARD weiter warten.

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