TV-Kritik: Bauer sucht Frau:Bauer, willst du ewig suchen?

Die Karohemdenträger sind zurück: Die fünfte Staffel von "Bauer sucht Frau" ist subtil-gehässig wie eh und je. Große Häme wird dabei gelassen ausgesprochen. Eine kleine Nachtkritik.

Ruth Schneeberger

Wer hat eigentlich damit angefangen zu behaupten, die Landliebe-Serie "Bauer sucht Frau" käme ohne Häme aus? Nur weil die Stimme im Hintergrund Ungeheuerlichkeiten mit großer Freundlichkeit ausspricht und die Moderatorin im neckischen Landlook möglichst harmlose Kulleraugen macht, heißt das noch lange nicht, dass Landwirte hier nicht vorgeführt würden.

TV-Kritik: Bauer sucht Frau: Gruppenbild mit Damen: Der "patente Pfälzer" Markus (Mitte) hat sich in der ersten Folge schnell entschieden - für die rechte der beiden Anwärterinnen auf sein Herz.

Gruppenbild mit Damen: Der "patente Pfälzer" Markus (Mitte) hat sich in der ersten Folge schnell entschieden - für die rechte der beiden Anwärterinnen auf sein Herz.

(Foto: Foto: RTL)

Inka Bause betonte kürzlich bei "Beckmann" wortreich, "unsere Bauern" befänden sich bei RTL in einem schützenden Raum und erst das, was andere Medien aus ihnen machten, sei verwerflich. Das ist schon ein starkes Stück - wenn man sich die aktuelle und damit fünfte Staffel von "Bauer sucht Frau", die am Montagabend anlief, einmal genauer anschaut.

"Sie hat gerne das Rezept in der Hand", fachsimpelt ein Landwirt über eine Möchtegern-Bäuerin, die ihm zu forsch erscheint. "Guck mal, wie schön der Hund ist", beurteilt ein Bauer das Bewerbungsfoto einer Kandidatin, das sie mit ihrem Haustier zeigt.

Manchmal muss der Sender nicht mal nachhelfen, um peinliche Szenen zu generieren, ein andermal umso mehr: "Ich bin mit wenig zufrieden", seufzt Holzbauer Maurizio während der Brautschau. Dass er auf dem anschließenden großen "Scheunenfest" gleich mit zwei Frauen körperlich wird, nämlich nicht nur mit seiner eigenen Favoritin, sondern kurz danach auch mit der abgelegten "Traumfrau" eines anderen Bauern, saugt die Kamera im Dunkeln begierig auf - inklusive der enttäuschten Blicke seiner Auserwählten.

Da werden erwachsene Männer eingehend dabei betrachtet, wie sie Leberwurst-Geschenke für ihre Holden mit Schleifchen zieren, sich vor der Badewanne hockend ungelenk die Haare shampoonieren, ausgehfein zum Scheunenfeste mit dem Bus anreisen und sich auch sonst auf jede erdenkliche Weise zum Horst machen. Nein, bösartig ist das nicht. Aber schamlos.

Von dieser Schamlosigkeit lebt inzwischen eine ganze Generation von Fernsehschaffenden. Ob Dieter Bohlen nachts singende Teenager herabwürdigt, Vera-nicht-mehr-am-Mittag-sondern-jetzt-am-Abend grenzdebile Pärchen zusammenführt, "Berater" dem Prekariat aus seiner prekären Situation helfen sollen oder die letzten Unbelehrbaren im Nachmittags-Talk der Nation ihr trauriges Intimleben eröffnen - das Publikum schaut gerne hin, wie bei einem besonders schlimmen Verkehrsunfall.

Der längst abgegriffene Begriff des "Fremdschämens" ist im Privatfernsehen zum bevorzugten Programmpunkt geworden.

Unzählige Sendungen leben nur davon, dass das Publikum entweder nicht fassen kann, wie schlimm bedeutungslos das ist, was es da gerade aus deutschen Wohnzimmern serviert bekommt, oder sich wohlig schaudernd in selbiges einkuschelt, froh darüber, dass andere immer noch schlechter dastehen als man selbst.

Das entlastet RTL nicht von dem Vorwurf, die versteckte Bloßstellung als Landliebe zu tarnen. Denn der Teufel steckt genau in diesem Detail: Nur weil es alle anderen auch machen, ist das hämische Zurschaustellen von Protagonisten einer Sendung noch nicht entschuldigt.

Und der Umstand, dass hier auch noch so getan wird, als würde man den teilnehmenden Landwirten und der Bauernschaft als solches einen Dienst erweisen, ist nur eine besonders perfide Glanzleistung, die vom Publikum reinen Gewissens mit einer Einschaltquote von bis zu acht Millionen goutiert wird. Bei "Deutschland sucht den Superstar" ist wenigstens deutlich erkennbar, dass mit den Kandidaten nicht freundlich umgegangen wird.

Zum Abschluss der ersten Sendung dieser Staffel von "Bauer sucht Frau", in der auch erstmals eine Bäuerin einen Mann sucht, die gottlob zu unauffällig und zu intelligent ist, um gleich zu Beginn verdeckte Seitenhiebe kassieren zu müssen, wird zu romantisierenden Klängen wie "Take my breath away" noch eine packende Szene eingespielt: Ein 23-jähriger Niedersachse umwirbt seine Damen. "Annika und Lilja werden von dem quirligen Jungbauern Carsten mit muhenden Stoffkühen beglückt", heißt es dazu aus dem Off.

Wenn das keine beißende Satire ist, was dann?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: