TV: Kochgipfel mit Biolek:Freut sich wie'n Schnitzel

Tim Mälzer, der Herr im Kochpullunder, bereichert die ARD mit einem Kochgipfel. Dazu hat er den Pfannenschwenk-Methusalix Alfred Biolek eingeladen. Na dann, Prost Mahlzeit.

Ralf Wiegand

Eine Sauce zu reduzieren bedeutet, beim Kochen entstandene Flüssigkeit durch Hitzezufuhr zu vermindern, um so die Sauce zu verdicken. Sie schmeckt dann besser, was ja das Ziel der ganzen Kocherei sein sollte. Das Reduzieren macht also aus etwas mehr, indem es weniger daraus macht. Wunderbar! Damit wäre das als Stilmittel nicht nur in der Küche, sondern auch im Fernsehen sehr willkommen.

Es ist doch ein Traum, dass dort auf dem Bildschirm alles weniger würde, um mehr zu werden. Wie viele Sender, mindestens aber Sendungen samt Moderatoren würde der Zuschauer nicht gerne einkochen, zur Not mit dem Bunsenbrenner oder schön langsam über einem Scheiterhaufen. Einer will das jetzt freiwillig tun: "Ich reduziere mich", verspricht Tim Mälzer, und er benutzt gleich in einer der ersten seiner neuen Sendungen einen Bunsenbrenner. Okay, nur zum Abflammen einer Creme soundso mit frischen Beeren drin. Aber immerhin.

Leider ist es nicht so, dass durch die Reduktion im Fernsehen wirklich weniger aus etwas wird. Johannes B. Kerner zum Beispiel: Der macht zwar die Sendung Kochen bei Kerner nicht mehr, das merkt aber niemand, denn das Ergebnis dieser Maßnahme ist, dass die gleiche Sendung nun Lanz kocht heißt. Lanz ist also das Ergebnis, wenn sich Kerner reduziert.

Das Ergebnis der Reduzierung von Mälzer sind sogar zwei neue Sendeformate. Das ist ein bisschen so wie bei der wundersamen Brotvermehrung (Mt 14, 13-21). Und da der Auftakt zu Mälzer kocht! in der ARD ein "Kochgipfel mit Biolek" ist, ergibt sich ein küchen- wie fernsehtechnisches Paradoxon: Wie kann etwas weniger werden, wenn Biolek dazu kommt? Ach ja, die ARD: Die hatte ihre Kochsendungen zuletzt sogar so weit reduziert, dass sie gar keine mehr im Programm hatte. Denn das, was sie ausstrahlte, war immer nur Biolek, der aber längst Pensionist ist. Aufzeichnungen also, oder - um im Küchenjargon zu bleiben - Konserven. Die sind allerdings pfui in Deutschlands Fernsehküchen, neuerdings sogar bei Mälzer, der früher ganz gerne mal das Tiefgefrorene pries. Macht er nicht mehr. Ist jetzt alles frisch.

Mälzer hat in letzter Zeit, sozusagen vor seiner Wiedergeburt als junger Biolek, ein bisschen drauf gehauen auf die Kollegen in der Küche. Zu viel Unterhaltung, zu wenig Essen. Neulich stellte Mälzer in seiner neuen Fernsehküche, die in einer alten Hamburger Fabrik aufgebaut ist, den neuen, öffentlich-rechtlichen Mälzer vor. Der trägt jetzt Pullunder ("Steht mir"), brät Wiener Schnitzel, die Wellen schlagen, und sagt: Das sei alles nicht so gemeint gewesen. Nur wolle er halt keine Frau Müller-Meier-Lüdenscheidt mehr sehen, die in einer Küche stehe und so tue, als könnte sie kochen.

Es ist Ostern, da glaubt man sogar an die Auferstehung. Mälzer, der schon einen Burn-out in der Biographie hat, möchte sich also zurücknehmen: Indem er im Ersten samstags kocht (von 18. April an, 15.30 Uhr), indem er bereits zwei Dokumentationen gedreht hat (Deutschland isst . . .; 31. Mai/1. Juni), alles mit eigener Produktionsfirma, indem er demnächst ein neues Restaurant in Hamburg eröffnet und jetzt kein Kochbuch schreibt, aber vielleicht bald, wenn er genug Rezepte zusammengekocht hat. Auf kleiner Flamme in der ARD - gute Unterhaltung.

Tim Mälzer: Kochgipfel mit Alfred Biolek, ARD, Ostersonntag, 17.15 Uhr.

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