Süddeutsche Zeitung

TV-Chef "Stromberg":Hengst in der Kaffeeküche

Von Pro Sieben befördert: Von Montag an laufen die neue Folgen von ,,Stromberg'', dem lächerlichen Tyrannen. Die Szenen kommen manchem Büroangestellten sicher bekannt vor.

Christoph Kappes

Man muss Christoph Maria Herbst eigentlich nicht mehr loben. Der Komiker, der aus der freien Theaterszene kommt und vor fünf Jahren erstmals in Anke Engelkes Ladykracher auftrat, ist bereits mit dem Deutschen Comedy-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis versehen.

Aber Stromberg, die Serie zum Büroalltag, in der Herbst den lächerlichen Tyrannen verkörpert und die vergangenes Jahr mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, gehört immer noch zum Besten und Intelligentesten, was es auf Pro Sieben bislang zum Lachen gab.

Was in Stromberg vorgespielt wird, mag manchem Büroangestellten bekannt vorkommen. Insofern ist es Reality-TV. Die Schauspieler rücken sich auch immer wieder für die Kamera zurecht: Hallo, bin ich im Fernsehen? Als wären sie Hinz und Kunz vom Büro nebenan. Aber im normalen Leben wirkt das, was hier läuft, nicht so lustig.

Auch die nun dritte Staffel spielt souverän mit dem, was wirklich ist. Am Ende der zweiten Runde war Herbst alias Stromberg, bislang Abteilungsleiter in einem Versicherungsbüro, ins Kellerarchiv verbannt worden.

Nun ist er wieder zurück und sitzt auf dem Sessel des stellvertretenden Abteilungsleiters. Denn der Stromberg der Serie ist laut Drehbuch, wie sein Schauspieler Herbst, in der Zwischenzeit eine ,,Werbe-Ikone'' geworden. Als solche soll er das glanzlose Image seiner Firma aufpolieren.

Um seine Umwelt schert sich Bürohengst Stromberg so wenig wie um political correctness. Gerade sein Autismus macht diesen Egoisten komisch: Ein Mann mit Halbglatze allein in der Kaffeeküche, es läuft sein Lied (Sex Bomb), er rockt ab und zwinkert der neuen Arbeitskollegin durch die Jalousie ins Großraumbüro zu. Dass die anderen sich das Lachen kaum verkneifen können, ficht ihn nicht an.

Es wird aber auch Momente der Nähe geben, zu Kolleginnen wie Kollegen. Mit dem Gedanken an den eigenen Tod drängt sich Stromberg ein Mitgefühl für die graue Maus des Büros auf, den trauernden Berthold ,,Ernie'' Heisterkamp. Der schenkte seiner Mutter eine elektrische Heizdecke, doch die war inkontinent; ein Kurzschluss brachte ihr dann den Tod. Das ist geschmacklos, aber so ist Stromberg.

Stromberg hat diesmal wie gesagt die Aufgabe, den Ruf seiner Firma zu verbessern. Pro Sieben hat das mit der Serie schon erreicht. Die Quoten der vergangenen beiden Staffeln (9,7 Prozent und 10,8 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern) waren nicht unbedingt werbewirksam. Aber fürs Sender-Image ist Stromberg gut. Und umso besser, je schlimmer er ist.

Stromberg, Pro Sieben, acht neue Folgen, montags, 22.45 Uhr.

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SZ vom 5.3.2007
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