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Turner-Preis für Mark Wallinger:Der letzte Andersdenkende

Der Brite Mark Wallinger, auch bekannt als wandelnder Bär, hat den Turner-Preis 2007 gewonnen. Seine Nachbildung des Protests gegen den Irak-Krieg sei "von historischer Bedeutung", befand die Jury.

Für eine Installation des Protestes gegen den Irak-Krieg ist der britische Künstler Mark Wallinger mit dem diesjährigen Turner-Preis ausgezeichnet worden. Sein Werk sei von "historischer Bedeutung", urteilte die Jury. Es verbinde eine "mutige politische Botschaft mit der Fähigkeit der Kunst, grundlegende Menschenrechte auszudrücken".

"Ich hätte nicht gedacht, dass das noch passieren wird, ich bin glücklich", sagte der 48-Jährige am Montagabend bei der Verleihung in Liverpool. Der Künstler aus Essex in Südengland war schon 1995 für die bedeutende Auszeichnung nominiert, verlor aber gegen den heutigen Kunst-Star Damien Hirst. Wallinger galt als diesjähriger Favorit und ist für seine politischen Werke bekannt. Kunstkritiker lobten die Entscheidung der Jury.

Wallinger erhielt den mit 25.000 Pfund (35.000 Euro) dotierten Preis für Moderne Kunst für seine Arbeit "State Britain". Er war zuvor schon einmal für die bedeutende Auszeichnung nominiert. Für "State Britain" hatte er mehr als 600 Poster, Plakate und Gegenstände verwendet, die einst der Friedensaktivist Brian Haw vor dem Westminster-Parlament im Herzen Londons aufgestellt hatte.

"Er ist der letzte Andersdenkende in Großbritannien, bringt unsere Truppen heim", sagte Wallinger am Montag mit Blick auf Haws Protest gegen den Einsatz britischer Truppen im Irak.

Wallinger baute das Camp in dem Museum Tate Britain exakt nach, als Haw vor dem Parlament vertrieben wurde. Der Künstler aus Chigwell in Südengland machte auch Schlagzeilen mit einer Performance in der Neuen Nationalgalerie in Berlin, in der er zehn Nächte als Bär verkleidet umherwanderte. Der renommierte Preis wurde erstmals nicht in London, sondern in der Tate Liverpool vergeben. Die Beatles-Metropole ist Kulturhauptstadt 2008.

Der nach dem britischen Landschaftsmaler William Turner (1775-1851) benannte Preis wird seit 1984 jährlich an einen in Großbritannien lebenden Künstler verliehen, der jünger als 50 Jahre alt ist. Im vergangenen Jahr bekam die deutsche Malerin Tomma Abts den Preis. Als erster Deutscher wurde der Fotograf Wolfgang Tillmans im Jahr 2000 geehrt. Der Turner-Preis steht wie kaum eine andere Kunstauszeichnung für Kontroversen und Skandale: So sorgte einst Damien Hirst mit einer zersägten Kuh für Aufsehen.

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