Turner-Preis 2011:Kunst und ein bisschen Skandal

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Zersägte Kühe in Formaldehyd und benutzte Betten mit dreckiger Unterwäsche wurden bereits mit dem Turner-Preis ausgezeichnet. Dieses Jahr geht die höchste britische Kunstauszeichnung an den Schotten Martin Boyce. Die Verleihung verlief nicht ohne Zwischenfälle.

Spätestens seit sie eine Auszeichnung für ihr ausgestelltes Bett samt dreckiger Unterwäsche erhielt, hat die Künstlerin Tracey Emin den britischen Turner-Preis weltberühmt gemacht - und auch Damien Hirsts zersägte Kuh in Formaldehyd sorgte für Aufsehen. In diesem Jahr ging es weniger konrovers zu: Die höchste britische Kunstauszeichnung geht an Martin Boyce für eine Parklandschaft im Raum.

Mario Testino (rechts) übergibt den Turner-Preis an den schottischen Künstler Martin Boyce. (Foto: AP)

Mit seiner abstrakten Indoor-Installation galt Boyce schon im Vorfeld als Favorit für den diesjährigen Turner-Preis - am Montagabend verkündete Starfotograf Mario Testino, dass sich die Kenner nicht geirrt hatten. Die mit 25.000 Pfund (29.200 Euro) dotierte Auszeichnung ging an den 44 Jahre alten Briten.

Er hatte eine Installation eingereicht, in der sich unter anderem ein Mülleimer und Blätter aus Papier zu einer Art Park im Raum zusammenfügen. Boyce gab sich in seiner Dankesrede kritisch. Er betonte unter Verweis auf die Kürzungen im Bildungsbereich die Bedeutung seiner Lehrer für ihn und seine Kunst.

Die Jury lobte seinen "bahnbrechenden Beitrag zum derzeitigen Interesse, das zeitgenössische Künstler in die historische Moderne haben". Gleichzeitig entwickle er neue Richtungen "innerhalb desselben Vokabulars". Der Preis wurde in diesem Jahr nicht wie üblich in London, sondern im nordenglischen Gateshead vergeben.

Die drei weiteren Nominierten - Karla Black, Hilary Lloyd und George Shaw - bekamen jeweils 5000 Pfund. In den vergangenen sechs Wochen hatten etwa 120.000 Menschen die gemeinsame Ausstellung der vier Nominierten besucht. Black zeigte eine riesige Skulptur aus Materialien wie Cellophan, Cremes, Nagellack und Badekugeln.

Lloyd präsentierte ihre Videoinstallationen, in denen sie unter anderem mehrere, schnell wechselnde Bilder zu einem einzigen vereint. Shaw malt mit einfachen Lackfarben realistische Landschaftsbilder, die die heruntergekommene Sozialwohnungsumgebung seiner Jugend zeigen.

Ein skandalträchtiger Preis

Der Turner-Preis wird seit 1984 vergeben und gilt als der wichtigste Preis für zeitgenössische Kunst in Großbritannien. Zu den früheren Preisträgern gehören unter anderen Damien Hirst und Antony Gormley.

Der Turner-Preis steht wie kaum eine andere Kunstauszeichnung für Kontroversen und Skandale: In Erinnerung sind etwa Damien Hirsts zersägte Kuh in Formaldehyd oder Martin Creed mit seinem leeren Galerieraum.

Der Preis geht auf die Initiative einer Gruppe von Sammlern zurück, die Patrons of New Art. Ihr Ziel war es, junge britische Kunst und Künstler zu fördern. Weil der romantische Landschaftmaler William Turner (1775-1851) zeitlebens vergeblich versucht hatte, einen Preis für jüngere Künstler ins Leben zu rufen, benannten sie ihre Auszeichnung nach ihm. Der damalige Tate-Direktor Alan Bowness war von der Idee begeistert, und so wurde der Turner-Preis 1984 erstmals vergeben.

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