Social Media:Trump darf wieder twittern - aber will er auch?

Social Media: Zu seiner Zeit als US-Präsident nutzte Donald Trump Twitter als direkten Kanal zum Volk und schasste dort in Ungnade gefallene Kabinettsmitglieder.

Zu seiner Zeit als US-Präsident nutzte Donald Trump Twitter als direkten Kanal zum Volk und schasste dort in Ungnade gefallene Kabinettsmitglieder.

(Foto: Wolfgang Maria Weber/Imago)

Das Konto des Ex-Präsidenten war nach dem Sturm auf das Kapitol wegen wiederholter Desinformation gesperrt worden. Jetzt holt Elon Musk Trump zurück.

Von Max Muth

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump darf zurück auf Twitter. Twitter-Chef Elon Musk schaltete den Account am Sonntagmorgen wieder frei. Einen Tag zuvor hatte Musk eine Umfrage unter seinen Followern gestartet, ob der Ex-Präsident wieder twittern dürfen solle, dabei setzten sich die Unterstützer Trumps knapp durch.

Jetzt ist Trump wieder da, zumindest theoretisch. Denn der ehemalige Präsident könnte nun zwar wieder twittern, er hat es jedoch noch nicht getan. Sein letzter sichtbarer Tweet stammt immer noch vom 8. Januar 2021. Trump gab darin bekannt, dass er nicht zur Amtseinführung von Joe Biden kommen werde. Vor der Sperrung im Januar 2021 hatte Trumps Account mehr als 80 Millionen Follower und war eines der erfolgreichsten Konten der Plattform überhaupt.

Möglicherweise wartet Trump auch nur darauf, dass sein Publikum groß genug wird. Medienberichten zufolge war der reaktivierte Account in der Nacht komplett neu bei null Followern gestartet. Wenige Stunden danach kam Trump auf ein paar Millionen, noch ein paar Stunden später aber bereits wieder auf mehr als 50 Millionen Follower, darunter auch einige, die ihm laut eigener Aussage nicht erneut folgten. Es hat den Anschein, als bekomme Trump bei Twitter nicht nur seinen Account, sondern auch nach und nach seine alte Gefolgschaft zurück.

Der Ex-Präsident war bei Twitter und anderen Online-Plattformen gesperrt worden, nachdem er Sympathie für seine randalierenden Anhänger bekundet hatte, die im Januar 2021 gewaltsam das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Zuvor hatte er diese Kanäle monatelang für die Verbreitung der Lüge genutzt, ihm sei der Sieg gegen den Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 durch Betrug gestohlen worden. Die Plattformbetreiber befürchteten damals, dass Trumps Beiträge zu weiterer Gewalt führen könnten.

Niedrige Wahlbeteiligung

"Das Volk hat gesprochen", begründete der Tech-Milliardär seine Entscheidung nach Ablauf der Umfrage. Das offenbart ein zumindest eigenwilliges Demokratieverständnis Musks. Am Ende waren zwar 51,8 Prozent für eine Freischaltung, 48,2 Prozent waren dagegen. Mitgemacht hatten jedoch nur 15 Millionen Nutzer. Die Wahlbeteiligung lag damit bei nur 6,5 Prozent der 230 Millionen Twitter-Nutzer, viele dürften von der Umfrage gar nichts gewusst haben. Selbst wenn man nur Musk-Follower (117 Millionen) als Maßstab nimmt, steigt sie nur auf etwa 13 Prozent.

Trump hatte zwar für die Teilnahme an der Musk-Umfrage auf seiner Plattform Truth Social Werbung gemacht, er hatte aber auch gesagt, dass er lieber auf seinem Twitter-Klon bleiben wolle. Am Samstag schrieb er dort kurz vor Ablauf der Umfrage: "Wir gehen nirgendwo hin. Truth Social ist besonders!"

Auf der Plattform, auf der sich vor allem Trump-Fans, Konservative und Rechte tummeln, bringt es der ehemalige Präsident auf 4,6 Millionen Follower. Viel mehr Nutzer gibt es auf der Plattform auch nicht. Ein größeres Forum mit mehr Reichweite könnte Trump mit Blick auf die Kandidatenkür der Republikaner für die nächste Präsidentschaftswahl eigentlich gut gebrauchen. Zuletzt verlor der 76-Jährige, der die Partei lange nach Belieben dominiert und Kritiker an den Rand gedrängt hatte, in den eigenen Reihen an Einfluss.

Bei den Parlaments- und Gouverneurswahlen am 8. November lehnten die Wähler mehrere Kandidaten ab, die massiv von ihm unterstützt worden waren. Auch insgesamt blieb der große Triumph der Republikaner aus: Sie gewannen nur knapp die Mehrheit im Repräsentantenhaus, und die Demokraten konnten die Kontrolle über den Senat verteidigen.

Trump unter Druck - genau wie Musk

Seitdem mehren sich die Stimmen auch prominenter Republikaner, die dazu aufrufen, die Ära Trump endgültig zu beenden, um wieder anschlussfähig bei moderateren Wählern jenseits des harten Kerns seiner Anhängerschaft zu werden. Als ein aussichtsreicher Rivale, der Trump im Rennen um die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentschaftswahl 2024 gefährlich werden könnte, gilt etwa der frisch wiedergewählte Gouverneur von Florida, Ron DeSantis.

Just in diesem Moment gibt Musk, der seine Sympathien für die politischen Ansichten von Trumps Republikanern zuletzt sehr offen kundtat, dem politisch angeschlagenen Ex-Präsidenten den Twitter-Account zurück.

Musk hat eigene Probleme, bei denen eine Rückkehr Trumps helfen könnte. Nach der kostspieligen Twitter-Übernahme brachen die Anzeigenerlöse ein. Unternehmen befürchten, dass die Werbung für ihre Marken angesichts der uneingeschränkten Redefreiheit, die Musk in Aussicht gestellt hat, neben anstößigen Tweets landen könnte. Die chaotisch verlaufene Einführung eines neuen Abo-Systems wurde nach dem Wirbel um lauter täuschend echt aussehende Accounts von Marken und Prominenten gestoppt. Nun aber steigert allein die Kontroverse um die Wiederherstellung von Trumps Account die Aufmerksamkeit für Twitter.

Trump hatte Twitter in seinem siegreichen Wahlkampf 2016 so intensiv genutzt wie kein Kandidat vor ihm. Und auch während der Zeit im Weißen Haus war die Plattform sein zentraler Kommunikationskanal. Trump regierte, förderte Günstlinge und schasste in Ungnade gefallene Kabinettsmitglieder per Twitter: Sein Außenminister Rex Tillerson etwa erfuhr aus einem Tweet des Präsidenten von seiner Entlassung.

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