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Transgender-Kampagne von Miley Cyrus:Zeigt euch!

Wir alle sind Caitlyn: Unter dem Hashtag #instapride ruft Miley Cyrus Transgender auf, Selfies zu posten. Die schamlose Skandalnudel als wohlmeinende Aktivistin - ein Widerspruch?

Von Jan Kedves

Wie geht es nach Caitlyn Jenner mit dem Kampf um mehr Sichtbarkeit für Transgender weiter? Caitlyn, ehemals Zehnkämpfer, ließ sich von Annie Leibovitz für die Juni-Ausgabe von Vanity Fair als leicht bekleidetes Super-Luxus-Babe fotografieren, wofür es nicht nur Applaus gab, sondern auch Kritik am stereotypen Schönheitsideal, dem andere Transgender nicht entsprechen wollen oder können.

Miley Cyrus, einer der größten Popstars aktuell, 20 Millionen Fans auf Twitter, hat in dieser Woche auf der Foto-Sharing-Plattform Instagram die Kampagne "InstaPride" gestartet. Mit ihr ruft die 22-jährige Sängerin Transgender sämtlicher Geschlechtsidentitäten dazu auf, Selfies von sich hochzuladen, sprich: sich so zu fotografieren, wie sie sich selbst am liebsten sehen.

Verschiedenste Gender-Entwürfe - und ein schwuler Fußballverein

Das Ganze lässt sich also als Antwort auf Caitlyn Jenner verstehen. Visuelle Diversifikation ist nun aber das Ziel von Cyrus' Kampagne, die soeben noch auf der medialen Jenner-Welle surft, und tatsächlich fluten unter dem Hashtag #instapride die verschiedensten Gender-Entwürfe das Netz: eine selbsternannte "Mondhexe" im schwarzen Schlapphut, ein cooler "Female to Male"-Skater mit Spiegelsonnenbrille, ein schicker Anzugträger aus Südafrika, viele Zwischenstufen, und Cyrus selber in gelber Latzhose (drittes Bild von links; alle Fotos: Instagram), zusammen mit dem 19-jährigen Filmstudenten Leo Sheng, der seine Angleichung vom weiblichen Geschlecht ans männliche in Fotos dokumentiert. Auch Spieler von Rainball Tel Aviv, dem einzigen schwulen Fußballverein in Israel, haben aus Solidarität Bilder hochgeladen.

Dass sich ausgerechnet ein ehemaliger Disney-Kinderstar, den manche für eine schamlose Skandalnudel halten, weil sie sich bei anscheinend jeder Gelegenheit auszieht, für sexuelle Randgruppen einsetzt, ist kein Widerspruch. Cyrus führt in gewisser Weise Lady Gagas etwas eingeschlafenen Aktivismus fort und sieht es selbst ganz einfach: Sie empfinde es als große Ungerechtigkeit, dass sie als Star problemlos oben ohne auf der Bühne stehen könne, während andere Menschen, die keine Stars sind, Angst haben müssten, sich überhaupt öffentlich zu zeigen, sagte sie sinngemäß dem Time Magazin.

Der Glaube, dass Sichtbarkeit Veränderung bringt, ist der Aktion also fest eingeschrieben. Fehlt nur noch, dass Caitlyn Jenner unter #instapride Selfies von sich beim Müslilöffeln hochlädt.

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Quelle:
SZ vom 18.06.2015
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