Togetthere-Xperience:Rein in den Elfenbeinturm

Togetthere-Xperience: „Moves“ zum Mitmachen gibt es am Aktionstag in der großen Rotunde der Pinakothek der Moderne.

„Moves“ zum Mitmachen gibt es am Aktionstag in der großen Rotunde der Pinakothek der Moderne.

(Foto: Catherina Hess)

Die Pinakothek der Moderne lockt mit einem Aktionstag

Von Evelyn Vogel

Lange vorbei sind die Zeiten, in denen die Kunst sich im elfenbeinernen Turm verschanzte oder sich im "L'art pour l'art"-Prinzip nur um sich selbst drehte. Wie sehr die Kunst in der gesellschaftlichen Verantwortung steht und mit allen Bereichen des Lebens verflochten ist, versuchte die diesjährige Documenta 14 in Kassel aufzuzeigen - auch wenn die Inhalte der Schau "Von Athen lernen" dann mitunter ein wenig arg belehrend, gar oberlehrerhaft daherkamen.

Wie man auf ganz andere Art und Weise Kunst und Gesellschaft in einem Diskurs zusammenbringen kann, zeigte Joseph Beuys vor 40 Jahren mit seiner Installation "Honigpumpe" auf der Documenta 6 in Kassel. Dort schuf er in einer großen Rauminstallation einen zirkulierenden Honigkreislauf, der das eingerichtete Diskussionsforum der von ihm mitgegründeten "Free International University" umfloss und in den 100 Tagen der Weltkunstschau die Diskussionen von Beuys mit den Besuchern wie eine Herz-Kreislauf-Maschine symbolisch am Laufen hielt.

Die Idee mit der Honigpumpe nimmt nun auch der Aktionstag "Togetthere-Xperience" in der Pinakothek der Moderne auf. Wie in einem Kreislauf sollen sich die Beiträge aus Kunst und Gesellschaft umfließen und befruchten. Dazu können alle Besucher beispielsweise an den parallel verlaufenden Aktionen der interaktiven Hommage an Joseph Beuys' "Honigpumpe" in Kooperation mit der Otto Falckenberg Schule teilnehmen. Und noch eine Mitmachaktion gibt es: Bei "Moves" werden einfache Choreografien gezeigt und jeder, der Lust hat, kann sich mitnehmen lassen, um wie auf einer gemeinsamen Woge durch die Rotunde der Pinakothek der Moderne zu fluten. Außerdem gibt es bei dem von Dietlinde Behncke und Miro Craemer konzipierten Aktionstag sogenannte "Art Points", über die man sich zu ausgewählten Exponaten der Sammlungen mit Schwerpunkt auf dem Dialog mit schauspielerisch geschulten "Scouts" führen lassen kann. Es soll darum gehen, Kunst, Architektur und Design anders als üblich zu erleben und über aktuelle gesellschaftliche Themen nachzudenken.

Im Mittelpunkt des Aktionstages stehen 15-minütige Kurzvorträge von Rednern aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, die zu Themen wie Krieg und Flucht, Migration und Integration, natürliche Ressourcen und Stadtplanung, aber natürlich auch zu kulturellen und künstlerischen Themen Stellung nehmen. Dieser Think-Tank-Marathon auf der großen Treppe beginnt um 10.30 Uhr, und jeder ist eingeladen, auf der Treppe stehend, sitzend oder liegend teilzunehmen. Am frühen Abend wird Meike Harms, bayerische Poetry-Slam-Meisterin, zum Abschluss ein Statement präsentieren (um 17.15 Uhr).

Es soll hier also nicht (nur) darum gehen, Besucher, die den Weg ins Museum eher selten finden, für die Kunst zu begeistern, sondern um ein Begegnungs- und Diskussionsforum für Menschen jeden Alters, jeder Bildungsstufe und jedes Herkunftslandes. Übrigens: Wer es gerne sportlich mag, aber nicht Teilnehmer des München Marathons ist, der an diesem Tag die Pinakothek der Moderne umkreisen wird, findet es vielleicht interessant, wenn Anica Heinlein, Marathon-Staffel-Läuferin von "Care für Menschen in Not im Jemen" zum Thema "Wo ist Sport sozial?" spricht. Der Aktionstag "Togetthere-Xperience" ist ein Pilotprojekt, das von 2018 an alle zwei Jahre stattfinden soll. Falls es gut ankommt.

Einen Turm, wenngleich auch keinen elfenbeinernen, sondern einen aus farbig-leuchtenden Acrylbändern, hat aus Anlass des 15. Geburtstages der Pinakothek der Moderne der Bildhauer Olaf Metzel auf der großen Freitreppe aufgebaut. Er trägt den Titel "Reise nach Jerusalem" und war zur damaligen Eröffnung schon einmal an gleicher Stelle zu sehen. Die Zeitbezüge mögen sich verändert haben - damals nahm die Installation Bezug auf das Olympia-Attentat, das 30 Jahre zuvor stattgefunden hatte, heute kann man es im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen weltweit deuten. Die gesellschaftliche Relevanz hingegen bleibt.

Aktionstag Togetthere-Xperience, Sonntag, 8. Oktober, 10 bis 18 Uhr, Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, Eintritt frei

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