Süddeutsche Zeitung

Tipp des Tages:Zwischen Pathos und Durchsichtigkeit

David Alden inszeniert "Semiramide" für die Bayerische Staatsoper

Autoritäre Staatssysteme können sich nie ganz sicher fühlen. Je mehr eine Regierung ihr Volk einschränkt, desto schneller kann ein Teil des Volkes auf die Idee kommen, dagegen zu rebellieren. In Gioachino Rossinis "Semiramide" wird die autokratische Alleinherrscherin zwar letztlich durch das Schicksal gestürzt, wie sich das für eine ordentliche Opernhandlung auch gehört. Doch in David Aldens Inszenierung für die Bayerische Staatsoper schwebt die permanente Bedrohung des Systems von Anfang an über der Aufführung.

Das Setting suggeriert eine osteuropäische Diktatur im 20. Jahrhundert, schwarz gekleidete Schattengestalten huschen des Öfteren beinahe unerkannt um eine stimmlich wie im Ausdruck übermächtige Joyce Di Donato in der Titelpartie. Deren Liebes- und Machtleben ist überschattet vom Mord am Gatten. Auf der Suche nach einem neuen Ehemann versucht sie, die Macht zu sichern. Letztlich zeigt sich die Bedrohung im totgeglaubten Sohn Arsace - Daniela Barcellona gibt diese Hosenrolle mit einer überzeugenden Mischung aus Kraft und Zerbrechlichkeit. Als Konterpart dazu gestaltet das Bayerische Staatsorchester diese gläsern-löchrige Partitur zwischen Pathos und Durchsichtigkeit. Unter der Leitung von Michele Mariotti spielt es im Sanften hinreißend plastisch, suggestiv und bedrohlich.

Semiramide , Montag, 24. Juli, 18 Uhr, Nationaltheater, Max-Joseph-Platz 2

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Quelle:
SZ vom 24.07.2017 / arga
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