Tim-Burton-Ausstellung:Monster sind seine Musen

Sein Außenseitertum verarbeitete Tim Burton in Zeichnungen von missgestalteten Kreaturen. In einer Ausstellung lernt man die skurrile Welt des großen Filmemachers neu kennen und lieben.

Von Klara Fröhlich

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"Blue Girl with Wine"

Blue Girl with Wine

Quelle: Tim Burton

Schon als Teenager war Tim Burton ein Fan von Horrorfilmen. Das Düstere des Genres griff er auf und ließ sich zu skurrilen, tragisch-komischen Charakteren inspirieren. Viele seiner Filme handeln von missratenen Außenseitern, wie zum Beispiel "Tim Burton's Corpse Bride": Darin ehelicht Protagonist Victor versehentlich ein zauberhaftes Mädchen, deren Körper bereits einen Zustand fortgeschrittener Verwesung erreicht hat. Ähnlicher Gestalt ist die blaue Lady auf Burtons Ölbild "Blue Girl with Wine" (1997). Ihre Narben erinnern an eine andere Kreatur der Horror-Welt: Frankensteins Monster. Die erste Verfilmung von Mary Shelleys Frankenstein-Roman stammt von Regisseur James Whale (1931). Whales Film machte das Monster in vielerlei Hinsicht zu Tim Burtons Muse. Eine ähnlich schaurig-trashige Wiedergeburt erfährt ein kleiner Hund mit spitzen Ohren in Burtons Trickfilm "Frankenweenie" (2012).

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"The Last of Its Kind"

The Last of Its Kind

Quelle: Tim Burton

Sparky, so der Name der Hauptfigur von "Frankenweenie", hat ein weißes Fell mit schwarzen Flecken und ein schwarz umrahmtes Auge. Das ohrenlose Tier auf diesem Bild erinnert an das Filmhündchen. Herrchen Victor Frankenstein erweckt ihn nach einem Autounfall wieder zum Leben - doch vor dem zusammengeflickten Hündchen haben alle Angst.

Nach seinem Studium zum Trickfilmzeichner arbeitete Tim Burton bei Walt Disney. Viele seiner Kurzfilme setzte der Filmriese nicht um, weil sie zu gruselig waren. Auch "Frankenweenie" landete ungesehen im Archiv. Erst 2012, als Burton schon Oscars gewonnen und zum Ausnahmekünstler erklärt worden war, brachte Disney, das noch die Rechte an der Geschichte hatte, eine neue, lange Version in die Kinos.

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Ohne Titel (Reindeer in Snow)

Reindeer in Snow, Tim Burton

Quelle: Tim Burton

Doch nicht nur Horrorfilme lieferten Tim Burton Ideen. Auch Kinderfilme wie "Rudolph the Red Nosed Reindeer" inspirierten ihn. Burtons Rentiere sehen freilich etwas anders aus: grün und mit einem in den Himmel wachsenden Riesengeweih. Ein Weihnachtsklassiker wurde "Tim Burton's Nightmare Before Christmas" (1993) trotzdem. Unter der Regie von Henry Selick erwachte ein weiterer von Burtons Außenseitern zum Leben: Jack Skellington, ein Skellett im Nadelstreifanzug, ist die Hauptfigur des Weihnachtsgruselfilms.

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Ohne Titel (Creature Series)

Creature Series

Quelle: Tim Burton

Genau wie Jack Skellington hat auch dieser Geselle übertrieben lange Gliedmaßen. Knöcherne Körper mit kugelrunden Köpfen - korrekte Proportionen sind nicht Burtons Sache. Der Zeichenunterricht am California Institute of the Arts in Valencia (Kalifornien) frustrierte ihn deshalb oft. Seine Lehrer verlangten wirklichkeitsgetreue Zeichnungen, stattdessen malte Burton verzogene Charakterfiguren, die noch dazu alle irgendein Handicap oder etwas Groteskes hatten. Dieser Geselle wird wie eine Marionette mit Fäden gesteuert. Die Fäden hält eine Hand, die aus seinem eigenen Körper erwächst.

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Ohne Titel aus "Das traurige Ende des Austernjungen und andere Geschichten"

The Melancholy Death of Oyster Boy and Other Stories

Quelle: Tim Burton

Mithilfe von Figuren setzt Tim Burton seine Außenseiterthematik um. Das Mumienkind zum Beispiel, das auf dieser Zeichnung einer Voodoo-Puppe zu Leibe rückt, hänselt und piesackt alle anderen Kinder, weil keiner mit ihm spielen will. Sein einziger Freund ist ein kleiner Mumienhund. Die Figuren zeichnete Burton für seinen Gedichtband "Das traurige Ende des Austernjungen und andere Geschichten", der 1997 im Quadriga Verlag auf Deutsch erschien.

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Ohne Titel aus "Das traurige Ende des Austernjungen und andere Geschichten"

The Melancholy Death of Oyster Boy and Other Stories

Quelle: Tim Burton

In diesem von ihm selbst illustrierten Büchlein erzählt Burton auch die Geschichte eines kleinen Jungen, der mit einem Austernkopf geboren wurde. "Geschwulst, Missgeburt, du schändliches Ding!", schrien seine Eltern. Eines Nachts, als der Austernjunge schon im Bett liegt, schlürft der Vater den Austernkopf aus, um seine Potenz zu steigern. Burtons Figuren sind allesamt Außenseiter, die - von der normalen Welt unverstanden - an ihrer Andersartigkeit zu Grunde gehen.

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Ohne Titel (The World of Stainboy)

The World of Stainboy

Quelle: Tim Burton

Einige der im Gedichtband vorgestellten Charaktere arbeitete Burton später in Filme ein. So auch den Schmutzfinken und Superhelden Stainboy. Zu diesem kleinen, kahlköpfigen Persönchen entwickelte Burton im Jahr 2000 eine Animationsserie mit dem Titel: "The World of Stainboy". Wie auf dieser Zeichnung spritzt in der Serie das Blut en masse. Das erinnert an Burtons Verfilmung des Musicals "Sweeney Todd: Der teuflische Barbier aus der Fleet Street", in dem ein Barbier (Johnny Depp) seinen Kunden reihenweise den Hals aufschneidet und dazu traurig-melodiöse Lieder singt. Schließlich liebt Tim Burton "richtig unkorrekte, blutige Horrorfilme", wie er einst in einem Interview mit SZ.de sagte.

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"Saucer and Aliens"

Saucer and Aliens

Quelle: Tim Burton

Nicht nur Blut, sondern auch Alien-Gehirnmasse spritzt in Burtons Film "Mars Attacks!" (1996), bei dem Stars wie Jack Nicholson, Jessica Sarah Parker und Danny DeVito mitspielten. Außerirdische befallen in dem Splatter-Film die Erde und wollen die Menschheit ausrotten. Das Bild "Saucer and Aliens", das Burton zwischen den Jahren 1972 und 1974 mit Öl und Acryl malte, stellt ebenfalls einen Alienangriff dar. Einäugige Riesenkraken winden sich aus fliegenden Untertassen und Teufelsgestalten entführen Menschen in durchsichtigen Blasen. Ein skurriles Weltuntergangsszenario, aus dem es scheinbar kein Entkommen gibt ...

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"Surrounded"

Surrounded

Quelle: Tim Burton

...bis ein noch größerer Fisch übernimmt. Burtons Monster im Weltall erinnern trotz ihrer spitzen Zähne, mit denen sie die blaue Erdkugel verschlingen wollen, an eine Kinderspielzeug-Welt. Bunte Murmeln oder Streifen und Kugelnasen nehmen ihnen den Schrecken. Tim Burtons Bilder zeigen: Er ist ein Meister der Ambivalenz.

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Tim Burton mit seinen Gemälden von Margaret Keane

Tim Burton Porträt

Quelle: Leah Gallo

Seine Figuren sind so unnormal, dass die Welt um sie herum sie nicht akzeptiert und ausstößt. Tim Burtons Werk wird oft mit seiner Kindheit und Jugend in Verbindung gebracht. Burton wuchs in einer Vorstadt von Los Angeles, Burbank, auf. Als Teenager hatte er das Gefühl, anders zu sein und nicht mit seinen Mitmenschen kommunizieren zu können. Dieses Gefühl verarbeitete er mit der Figur Edward im Film "Edward mit den Scherenhänden". Dass dieser bleiche Junge anstelle von Händen Scheren hat, disqualifiziert ihn von Anbeginn für ein normales Leben. Er ist ein Außenseiter - bis er Peg trifft. "Edward mit den Scherenhänden" (1990) wurde zum Kultfilm und markiert gleichzeitig den Auftakt einer langjährigen Zusammenarbeit mit Schauspieler Johnny Depp.

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Cartoons

Quelle: Tim Burton

Die Augen dieses knöcherigen Mannes ziehen eine empörte Dame im wahrsten Sinne des Wortes aus. Dass sich Burton nicht an Regeln hielt, war der Grundstein seines Erfolgs. Mit seinen Filmen, Gedichten, Zeichnungen und Fotografien schuf er sich zurecht eine eigene künstlerische Bezeichnung in der Film- und Kunstwelt. Als "burtonesk" werden düster-skurrile Filme beschrieben - in Anlehnung an seine morbiden Geschichten und fantastischen Kreaturen. An Burtons Humor kommen wenige Filmemacher heran.

Das zeigen nicht nur seine Filme, sondern auch an die 500 Zeichnungen, Maquetten, Kurzfilme und Collagen, die es vom 16.08.2015 an im Museum Max Ernst in Brühl zu sehen gibt.

© SZ.de/job
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