Als Laetitia Tamko alias Vagabon im Jahr 2017 ihr Debütalbum "Infinite Worlds" veröffentlichte, dauerte es nicht lange, bis begeisterte Kritikerinnen ihr eine gewaltige Bürde aufluden. Tamko, so der Tenor, sei die Frau, die die Welt des Indierock verändern würde. Die Geschichte hinter Vagabon war einfach zu gut. Eine junge Schwarze Frau, geboren und aufgewachsen in Kamerun, mit 13 Jahren nach New York übergesiedelt, studierte Informatikerin, hämmert der sehr weißen, sehr männlichen Gitarrenmusik ein paar frische Perspektiven ein. Die um Diversität und Gerechtigkeit bemühten (und sehr weißen und sehr männlichen) Popkritiker jubelten. Also alle happy? Nein. Der New York Times sagte Tamko damals, wie beengend es sei, so einen Titel angeheftet zu bekommen, "nur weil bislang sehr wenig Raum geschaffen wurde, in dem sich Menschen wie ich entfalten können". Soll heißen: Weil ihr selbst es nicht hinbekommt, eure sexistischen und rassistischen Strukturen anzugehen, muss ich als schwarze Frau jetzt den Karren aus dem Dreck ziehen? Es sind diese Sätze von damals, die einem wieder einfallen, wenn man Tamkos selbstbetiteltes zweites Album "Vagabon" (Nonesuch) hört. Denn es ist ein Befreiungsschlag. Die Gitarren sind beinahe ganz verschwunden, heruntergedimmt auf ein warm wummerndes Picking. Stattdessen ziehen Formationen aus Synthie- und Streicherwolken durch die Songs, die hier und da ganz sanft von einer Drummachine angeschubst werden. Vor allem aber ist da Tamkos Stimme, die sich Raum nimmt. Nach all den Jahren, in denen man sie gleichermaßen mit Erwartungen überhäuft und mit rassistischen Stereotypen klein gehalten hat. "All the women I meet are tired", singt Vagabon im verschleppten "Every Woman". Es wäre ein großer Fehler, diese Zeilen als Resignation zu lesen.