Thriller:Sterben in Kalifornien

Cutter und Bone

Newton Thornburg: Cutter and Bone. Aus dem Englischen von Susanna Mende. Polar Verlag, 2015. 367 Seiten, 14,90 Euro. E-Book 9,99 Euro.

Zwei Aussteiger in Santa Barbara, Siebzigerjahre. Cutter, kriegsversehrt, und Bone, der an seiner Bürgerexistenz laborierte. Newton Thornburgs großer Amerikaroman "Cutter und Bone" von 1976 nun erstmals vollständig auf Deutsch.

Von Fritz Göttler

Er war natürlich selber schuld. "Mein Gott", hatte er geflüstert, "das ist er." In der Nacht hatte Rich Bone auf dem Nachhauseweg gesehen, wie ein Mann etwas, das wie Golfschläger aussah, in einer Mülltonne vor einem Apartmentblock verstaute. Später in der Nacht stellte sich heraus, es waren keine Golfschläger, es war die Leiche eines jungen Mädchens. Am nächsten Morgen landete der Fall auf der ersten Seite der Zeitung. Auf Seite drei war ein großes Bild, das zeigte J. J. Wolfe, den Großmogul, den Mann auf der Titelseite von Time. "Mein Gott . . . das ist er." Aber Rich hatte den Mann in der Nacht überhaupt nicht deutlich erkennen können, alles ist eher eine Frage der Intuition. "Er sah nicht nur das Foto, sondern vor seinem inneren Auge auch das Negativ."

Ein Sexualverbrechen in Santa Barbara, aber Rich zieht es vor, der Polizei gegenüber sich zurückzuhalten. Wolfes Mietwagen ist in der Nacht ausgebrannt, sollten da Blutspuren zerstört werden? Alex Cutter, Richs guter Freund, hat offenbar eigene Pläne mit dem Täter Wolfe. Alex Cutter ist zynisch, arrogant, grausam. Er darf das sein, denn er kam aus Vietnam zurück mit nur einem Bein, einem Arm, einem Auge. Rich ist nie dort gewesen, er hat groß Karriere gemacht beim Marketing, hat dann alles aufgegeben, Job und Familie; er wollte Unabhängigkeit, die ihm dann zur Chimäre wurde. Nun lebt er in Cutters Haus in den Hügeln über der Stadt, zusammen mit Cutters Frau Mo und ihrem Baby. Es wird gesoffen und gekifft, Pillen und Sex sind wichtig, immer fehlt es an Geld. Amerikas Siebzigerjahre, kurz nach dem Ende des Vietnamkriegs.

"Cutter und Bone" von Newton Thornburg ist einer der großen unbekannten amerikanischen Romane der Siebziger, nun ist er auf Deutsch wieder herausgebracht worden, erstmals vollständig. 1981 hat es eine Verfilmung gegeben, "Cutter's Way" von Ivan Passer, mit Jeff Bridges als Bone, John Heard als Cutter und Lisa Eichhorn als Mo. Der Film hat sich vor allem bemüht, die Lauterkeit des Buchs zu bewahren, in dessen Zentrum das leichtfertige Versprechen steht, ohne das die Menschen nicht leben könnten: Schlaf jetzt. Ruh dich aus. ich werde da sein, wenn du aufwachst.

Den Namen von Fitzgeralds Frau Zelda soll er gerufen haben . . .

Viele Kritiker hat Newton Thornburg an Ross Macdonald erinnert, der ebenfalls über Santa Barbara erzählte - "ich kannte ihn nicht, habe ihn erst wahrgenommen, als man mich mit ihm verglich". Thornburg hat lange in Santa Barbara gelebt, dann wurde sein Roman "To Die in California" 1973 für 100 000 Dollar zur Verfilmung gekauft, er hat sich eine Farm in den Ozarks gekauft, wo er Black Angus Rinder züchtete - "Black Angus" ist ein weiterer Roman - und "Cutter und Bone" schrieb.

Es ist ein trauriges Buch, aber seine Traurigkeit ist ganz lakonisch, nicht larmoyant. Über eine der vielen verlorenen Generationen Amerikas im vorigen Jahrhundert, die versucht, ihre Selbstachtung wiederzufinden und sich doch immer weiter prostituieren muss. Am bedrohlichsten aber ist der Schatten der übergroßen lost generation. Manchmal kann das auch durchaus komisch sein. George Swanson, treuer Freund von Cutter und Bone, wollte wirklich erst mal Schriftsteller werden, jetzt macht er in Immobilien. "Es gab nur wenige Gespräche, die er nicht irgendwann auf das Thema Hemingway und Fitzgerald und die anderen Verlorenen lenkte. Cutter behauptet allen Ernstes, Swansons erste Ehe sei daran gescheitert, dass er es sich nicht verkneifen konnte, beim Höhepunkt Zelda! zu rufen."

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