Thriller:Liebling, die Mafia kommt

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In "Verräter wie wir" gerät Ewan McGregor im Urlaub in Marrakesch in eine wilde Mafiageschichte.

Von Anke Sterneborg

"Hör auf, ihn anzustarren!", weist Gail ihren Mann im Restaurant zurecht. "Der starrt doch auch", rechtfertigt er sich.

Von Anfang an ist der Thriller "Verräter wie wir" ein Spiel mit Anziehung und Abstoßung, Zufall und Absicht. Natürlich zieht der Russe mit seinem großspurigen Gehabe die Blicke im Restaurant auf sich. Gerade weil er nicht zu den Leuten gehört, mit denen sich ein britisches Pärchen im Eherettungsurlaub in Marrakesch normalerweise abgeben könnte. Doch dann wird die Anwältin Gail (Naomie Harris) zu einem Fall gerufen, und der Literaturprofessor Perry (Ewan McGregor) bleibt allein zurück. Neugierig wie er ist, trifft er sich eines Abends mit dem russischen Geschäftsmann Dima (Stellan Skarsgård), der in Wirklichkeit oberster Geldwäscher für die russische Mafia ist.

Einige teure Weine und eine kapriziöse Party später hängt Perry am Haken. Er soll einen USB-Stick nach England schmuggeln und die Aufnahme von Dima und seiner Familie ins Zeugenschutzprogramm des MI6 anbahnen. Das führt dazu, dass der sympathische Durchschnittmann bald in den Sog undurchsichtiger Geheimdienstarbeit und ominöser Mafiageschäfte gerät. Unschuldig wird er in eine wilde Fluchtgeschichte verwickelt, die von Marrakesch über London, Paris und Moskau in die verschneiten Alpen führt.

Dabei erreicht die Regisseurin Susanna White, die zuvor fürs Fernsehen gearbeitet hat, zwar nicht die Eleganz, Stringenz und Raffinesse, mit der Anton Corbjin ("A Most Wanted Man") und Tomas Alfredson ("Dame, König, As, Spion") zuletzt Romane von John le Carré verfilmt haben. Aber fairerweise muss man einräumen, dass das auch ein bisschen damit zu tun hat, dass die Fäden schon in der Buchvorlage nicht ganz überzeugend gezogen waren. Weshalb White ihr Interesse vom Drive der Handlung auf die Atmosphäre der Schauplätze verlagert.

Der Schriftsteller interessiert sich weniger für Spione und Agenten als für Familienmenschen

"Alles hat Konsequenzen", sagt Gail einmal und spricht damit vor allem die menschlichen Dimensionen der Verbrechen an, die auch le Carré (der in einem Kurzauftritt als Museumswächter zu sehen ist) viel mehr interessieren als Glamour und Action. Nach dem Ende des Kalten Krieges hat der Schriftsteller seine Themen in den Gefahren des Terrors gefunden und, wie hier, in den korrupten Verflechtungen von Wirtschaft, Politik und Privatem. Verbrecher und Agenten interessieren ihn nur bedingt. Aber womit er sich identifizieren kann, ist ein Familienmann wie der Russe Dima, der seine Frau und seine Kinder in Sicherheit bringen will. In einem nicht immer ganz schlüssigen Handlungsgeflecht macht Stellan Skarsgård diesen Dima zum schillernden Kraftzentrum des Films. Man sieht ihm den Spaß an, mit dem er als Mitglied der Russenmafia vom Leder zieht, mit schwankend breitbeinigem Gang, ausgreifenden Bewegungen und dickem Akzent. Doch hinter der öligen Jovialität unterfüttert er die skrupellose Gefährlichkeit mit zutiefst menschlicher Fürsorge.

Ganz so groß ist die Spannweite des Spiels für die anderen Schauspieler nicht, dennoch bereichern sie den Film. Ewan McGregor hat bereits eine gewisse Routine als sympathischer Amateur, der sich mit gerunzelter Stirn und forschendem Blick durch fremdes Terrain lavieren muss. Und Naomie Harris, die sich in den letzten James-Bond-Filmen gegen die Feldarbeit und für einen Schreibtischjob entschieden hatte - Ms. Moneypenny! -, spielt hier die mahnende Ehefrau und Anwältin. Und die findet dann doch immer wieder auf charmante Weise Gefallen an diesem unerwarteten Abenteuer. Amateure bedeuten zwar ein erhöhtes Risiko, bringen aber auch Menschlichkeit ins Kalkül dieses Agentenspiels.

Our Kind of Traitor , GB 2016 - Regie: Susanna White. Buch: Hossein Amini, nach einem Roman von John le Carré. Mit: Stellan Skarsgård, Ewan Mc Gregor, Naomie Harris. Studiocanal, 108 Minuten.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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