Am Ende einer zweieinhalb Jahre dauernden Orgie der Thomasbernhardlesesucht, in der jedes Wort von ihm eingesaugt werden musste, "Frost" nicht bloß und "Verstörung" und "Amras" und das "Kalkwerk" und jede Erzählung in "Midland in Stilfs", sondern aus der katholischen Volksbücherei auch die Erstausgabe von "In hora mortis", erschienen 1958, höllenschwarzes Kunstleder, traklschwere Gedichte, lebensendlich, auf erschreckende Weise gottesfürchtig ("Zerfall mein Gott/der meine Qual zu Staub stößt"), alles, alles, auch die Stücke, angefangen von "Der Ignorant und der Wahnsinnige" und "Ein Fest für Boris" bis zur "Macht der Gewohnheit", Uraufführung 1974 bei den Salzburger Festspielen, kam gleich danach im Fernsehen mit diesem wunderbaren halbgeschneuzten Minetti-Refrain "Morgen in Augsburg", dieser "Lechkloake", was den Augsburger Schüler freute und den Oberbürgermeister derselben Stadt zu einem sturzbeleidigten Protestbrief veranlasste und Bernhard wiederum zu einem zartfühlenden Telegramm als Antwort: "Mein Mitgefühl mit den Augsburgern und allen in Europa, die sich als Augsburger verstehen, ist ungeheuer grenzenlos und absolut."
Zum 90. Geburtstag von Thomas Bernhard:Ohne Bernhard geht es nicht
Lesezeit: 5 Min.
Liebe oder hasse ihn - nur entkommen wird man dem Schriftsteller Thomas Bernhard nie mehr. Unser Autor weiß das seit Schülertagen in Augsburg. Zum 90. Geburtstag des Riesengeistesmenschen.
Von Willi Winkler
Thomas Bernhard:Die Legende
Zum Abschluss der großen Werkausgabe tritt der Autor als junger Journalist auf - und blamiert sich. Als Zeitungsautor war Bernhard kein großes Licht.
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