Theater - Stuttgart:Park ohne Namen: Proteste vom Gezi-Park als Theaterstück

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Stuttgart (dpa/lsw) - Der Gezi-Park in Istanbul ist zum Inbegriff für Kritik an der Regierung des damaligen türkischen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geworden. In die Zeit der Park-Proteste vor sechs Jahren könnte sich zurückversetzt fühlen, wer "Last Park Standing", das jüngste Theaterstück der türkischen Autorin Ebru Nihan Celkan, auf der Bühne des Stuttgarter Kammertheaters sieht. Allerdings nennt die Türkin den einst umkämpften Park in ihrer Heimatstadt ausdrücklich nicht mit Namen. Am Donnerstagabend wurde das knapp zweistündige Drei-Personen-Werk erstmals in deutscher Sprache gezeigt.

"Last Park Standing" erzählt feinfühlig von der Deutschen Janina und Umut aus der Türkei, zwei jungen Frauen, die sich während eines Aufstands im namenlosen Istanbuler Park kennen und lieben lernen. Eine Liebe zwischen den Fronten allerdings, denn während Janina eine unbeschwerte Liebe in Berlin aufbauen will, stellt dieser Wunsch Umut vor eine schwere Entscheidung: Soll sie Heimat, politische Freunde und Proteste verlassen, obwohl der Druck auf die Opposition in den nächsten Jahren geradezu unerträglich zunimmt? Auch der Homosexuelle Ahmet (Valentin Richter), mit dem Unmut gemeinsam die Proteste organisiert, bleibt von der Staatsmacht nicht verschont.

Regisseur Nuran David Calis gelingt es dabei, die Zerrissenheit der Protagonisten in Zeitsprüngen und multimedial unterstützt näherzubringen. Anne-Marie Lux und vor allem Josephine Köhler spielen sich nachvollziehbar durch diese Zerreißprobe und durch die eine oder andere Länge in dieser Liebe auf Distanz.

"Das ist ein Stück, dass nicht an die Türkei gebunden ist oder an irgendeinen Park", sagt Celkan. "Es kann exportiert werden, es funktioniert überall, wo eine Gesellschaft unter Druck ist." Und dennoch wirkt der Gezi-Park wie ein Elefant im Raum, der nicht gesehen werden soll oder will. Dort hatten sich Demonstranten vor sechs Jahren zunächst für Bäume eingesetzt, die einem Bauprojekt zum Opfer fallen sollten. Schnell hatten sich daraus landesweite und Demonstrationen gegen die Erdogan-Regierung entwickelt, die niedergeschlagen wurden.

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