Theater:Siegertypen

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Konsumträume werden wahr - aber nicht für alle. Falk Rößler bestaunt ein pinkes Radio, den Preis auf dem Podest. (Foto: Gabriela Neeb)

"Fux gewinnt 3/3" in der Kammer 3 - ein Stück aus dem, was diverse Gewinnspiele so angespült haben

Von Sabine Leucht

Sie haben zwei Monate täglich acht Stunden lang Lose gerubbelt, Kreuzworträtsel ausgefüllt, mit einer Tiercollage und gefaketen Votes ein Mädchen namens Lilly abgehängt, eine zur Bürowand passende Biografie erfunden oder Flüsse gebüffelt, um dann beim Hessenquiz in der ersten Runde zu scheitern. Doch was heißt das überhaupt: scheitern! Stephan Dorn, Falk Rößler und Nele Stuhler sind Fux, jung, aus Gießen und ein bisschen auf der Metaebene unterwegs. In "Fux gewinnt 3/3", das noch bis Sonntag an den Kammerspielen zu sehen ist, versprechen sie "ein ganzes Stück Theater" nur aus dem zu basteln, "was sie bei Gewinnspielen gewonnen haben". Was dann folgt, ist kein wortreiches Lamento über die Glücksversprechensindustrie oder der Transfer auf das Verhältnis von Arbeitsaufwand und Ertrag in unserer fortdauernd Verlierer produzierenden Gesellschaft. Und doch schwingt all das mit, wenn die drei ihr Datenbankmonster zeigen, in das sie mehr als 6000 Spiele und gut 26 Millionen möglichen Gewinnwert eingepflegt und in etliche Schaubilder gezwungen haben. Und wenn sie später - in Vorhangstoff gewickelt oder mit beiden Beinen in einem Skipullover - Vitrinentürmchen auf die Bühne fahren, worin eine Keramikpfanne oder ein Wanderrucksack wie Kunstgegenstände thronen und sich ein pinkfarbenes 3D-Radio mit einer CD und einem Schokobrunnen bei der Arbeit in einer super Lightshow dreht.

Mit dem freundlich-lustvollen Unterlaufen der Präsentationsformen von Kunst haben sich die Gießener einen Namen gemacht. Hier halten sie die Hard- und Software des Gewinnversprechens auf eine Weise ins Licht, dass der ersehnte Plattenvertrag ebenso hohl wirkt wie die x-te ertraglos ausgefüllte Rätselzeitschrift und der zuletzt mit kleinlautem Trotz und tollen Timing von jedem Einzelnen hervorgekramte Thermobecher.

Nur 13 Prozent Spielspaß haben die drei nach eigenen Angaben aus dem Experiment gezogen. Kein Wunder, dass eine Grundschwere über den szenisch-musikalischen Miniaturen liegt und die zwangsfröhlichen Hüpfer bei der Aufzählung möglicher Gewinne sich erst allmählich zu einem lakonischen Tanz steigern. Die Zuschauerspaßbilanz nach diesem blitzgescheiten Abend fällt dagegen so günstig aus, dass man das alberne Liedchen, das Fux für einen Warnemünder Christen-Contest geschrieben haben sollen, noch auf dem Heimweg trällert. "Ich bin ein gepunkteter Käfer. . ." Lalalala.

Fux gewinnt 3/3, Samstag und Sonntag, 23. und 24. April, 20 Uhr, Kammer 3, Hildegardstraße 1

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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