Süddeutsche Zeitung

Theater - Rudolstadt:Theater Rudolstadt hofft auf Neustart: Buch-Adaption

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Rudolstadt (dpa/th) - Das Theater Rudolstadt wird im kommenden Jahr den Roman "Herscht 07769" des ungarischen Autors László Krasznahorkai auf die Bühne bringen. "Dieser bedeutende Gegenwartsroman ist in einem Satz geschrieben. Es ist eine Riesenherausforderung für uns, daraus eine Theaterfassung zu machen", sagte Chefdramaturg Michael Kliefert am Dienstag. Ebenso sei es eine große Ehre, dass die Uraufführung in Rudolstadt stattfinde.

Erst habe Krasznahorkai seinen Roman überhaupt nicht auf der Bühne sehen wollen. Der Autor habe sich aber letztlich für die Konzeption von Kliefert, dem Intendanten Steffen Mensching und dem Regisseur Alejandro Quintana entschieden. "Wir waren wirklich sehr hartnäckig und haben uns gegen mehrere Mitbewerber durchgesetzt", sagte Kliefert. Im November soll die Theateradaption als großes Ensemblestück und Höhepunkt der neuen Spielzeit uraufgeführt werden.

Der Roman spielt unter Neonazis in einer thüringischen Kleinstadt und ist rund um den Protagonisten Florian Herscht aufgebaut. "Herscht 07769" schreibt er als Absenderadresse auf seine Briefe an die Kanzlerin Angela Merkel, die ohne Antwort bleiben. Kliefert erhofft sich von dem Roman viel Aufmerksamkeit - "vor allem bei dem politisch interessierten Publikum".

Das nicht unbedingt theaterliebende Publikum soll durch die Adaption der ARD-Serie "Der Tatortreiniger" unter der Regie von Markus Fennert angesprochen werden. Den Auftakt der Schauspielsaison mit insgesamt 23 Aufführungen und Konzerten gibt jedoch im September der Broadway-Klassiker "Mein Freund Harvey" unter der Rege von Herbert Olschok. Die Konzertsaison bringt alte Bekannte und neue Orchestermitglieder auf die Bühne.

Auch Intendant Mensching ist für die Spielzeit 2022/23 voller Hoffnung auf eine Rückkehr des Publikums. Zwar sei der Verkauf für das Sommertheater-Open-Air auf der Heidecksburg (ab 17. Juni) schon gut angelaufen. Entsprechend dem bundesweiten Trend sei ansonsten aber auch in Rudolstadt noch eine "gewisse Zögerlichkeit" von Seiten des Publikums zu bemerken.

Während in einer Spielzeit vor Corona zu insgesamt rund 530 Veranstaltungen rund 90 000 Gäste kamen, schauten sich im Vorjahr gerade einmal rund 11 500 Besucherinnen und Besucher die insgesamt rund 100 Vorstellungen an. Die Erlöse aus dem Vorstellungsbetrieb seien um etwa 70 Prozent auf rund 273 000 Euro (2021) eingebrochen, sagte Verwaltungsdirektor Mathias Moersch (2019: 920 000 Euro).

Corona sowie der Krieg in der Ukraine würden Auswirkungen haben, "auch auf die Funktion von solchen Häusern wie dem unserem". Man müsse die Lage weiter im Blick behalten und gesellschaftliche Debatten ankurbeln, sagte Mensching. Der Spielplan 2022/23 versuche unter dem Motto "Ich bin mein Himmel und meine Hölle" ein populäres Programm anzubieten, das ernsthafte Fragen stelle.

Die Vorstellungen werden die Gäste in der neuen Spielzeit aber noch nicht aus dem neuen Zuschauerraum anschauen können, sagte Rudolstadts Bürgermeister Jörg Reichl (Bürger für Rudolstadt) am Dienstag. Zwar liege seit April eine Baugenehmigung vor, die Arbeiten für den Rohbau würden aber voraussichtlich erst im Herbst 2023 abgeschlossen.

Eigentlich war dies 2019/20 geplant gewesen, wegen Corona und eines Planerwechsels gab es aber Verzögerungen. Die Kosten stiegen auch wegen der hohen Preise für Baustoffe um drei Millionen Euro auf 17 Millionen Euro. Derzeit wird auf der Baustelle die Lkw-Rampe am Bühnenhaus errichtet. Als nächstes folge die Herstellung der Fundamente für das Zuschauerhaus, sagte Verwaltungsdirektor Moersch.

© dpa-infocom, dpa:220517-99-325644/5

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220517-99-325644
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Direkt aus dem dpa-Newskanal