Theater:Oberpfälzer Theaterglück

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Die Tanten (Renate Brandl, links, und Olga Wanninger) und ihr Neffe Franz Josef (Klaus Wenk). (Foto: Stefanie Berg)

"Arsen und Spitzenhäubchen" beim Burgschauspiel Brennberg

Von Egbert Tholl, Brennberg

Dick und warm liegt das Licht der bald untergehenden Sonne auf der Burg, von der aus man weit in die glitzernde Donau-Ebene hinabsieht. Im 13. Jahrhundert dürfte sich Reinmar von Brennenberg ein ähnliches Bild geboten haben. Damals war die Burg wohl besser in Schuss, heute ist sie eine Ruine, aber eine äußerst pittoreske. Erhalten hat sich indes in voller Blüte Reinmars Profession. Der war Minnesänger, und die Brennberger sind dies heute noch. Vor zwei Jahren besannen sie sich auf ihr Erbe und erfanden das Burgschauspiel. Damals mit Rittern, heuer nun mit "Arsen und Spitzenhäubchen", in einem schönen Stadl, den sie sich mal in den Burghof hineingebaut haben, weil Brennberg eine sehr umtriebige Gemeinde ist und deshalb einen Gemeindeburgsaal aus Holz braucht.

In diesem wird man erst einmal offiziell von der Bürgermeisterin Irmgard Sauerer begrüßt, die in der Aufführung auch mitmacht und die Leiterin eines Irrenhauses spielt. Das kann man jetzt politisch beziehungsreich deuten, man kann sich aber auch einfach freuen an der Freude der Irmi über ihren schönen, kleinen Ort. Von hier zieht man nicht in die Stadt weg, hier zieht man her. Eben auch, um Theater zu spielen. Das erlebte vor zwei Jahren der große Theatermacher Georg Blüml und verliebte sich in Brennberg, das ihm zu Ehren eine Bank schnitzen ließ, Aussicht von dieser: siehe oben. "Arsen und Spitzenhäubchen", die Komödie von Joseph Kesselring über zwei liebenswerte Tanten, die alte, einsame Herren mit vergiftetem Hollunderwein in die ewige Glückseligkeit überführen, wurde zur Komödienikone durch den Film von Frank Capra mit Cary Grant in der Rolle des am Treiben seiner Verwandtschaft verzweifelnden Neffen. Am Ende weiß der übrigens, dass er adoptiert wurde, mithin den Familienwahnsinn nicht erben wird.

Bei Georg Blüml spielt die Komödie nun dort, wo sie spielt, in Brennberg, in einer Stube, in der seit den Siebzigerjahren die Zeit stehen geblieben ist, Pril-Blumen am Buffetschrank kleben und die Tapete psychedelische Träume auslöst. Hier wohnen die beiden Tanten, zwei reizende Singvögelein (Renate Brandl und Olga Wanninger), der vermeintliche Neffe Wendelin (Toni Berg), ein Theaterkritiker, der das Theater hasst und lieber nur ins Musical ginge. Und da wohnt noch der echte Neffe Franz Josef, der sich für Franz Josef Strauß hält und im Keller neue Startbahnen für den nach ihm benannten Flughafen aushebt, in deren Löcher die Tanten die Leichen bestatten. Klaus Wenk empfiehlt sich hier für sämtliche Nockherberge dieser Welt, er, einst Teil des Renaissance-Gesangsensembles Stimmwerck, spielt FJS mit durchgeknallter Energie und aberwitziger Präzision. Das trifft alles genau, drollige Polizisten kommen vorbei, eine verdutzte Verlobte, ein weiterer, mordender Neffe, ein verrückter Chirurg. Und Blüml gelingt es, dass alle vergessen, dass sie im normalen Leben ganz etwas anderes machen. Eine der beiden Tanten zum Beispiel ist eigentlich Apothekerin.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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