Theater - Mainz:Suche nach mehr Nähe: Staatstheater Mainz mit neuem Programm

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Mainz (dpa/lrs) - Die Corona-Zeit steckt allen noch in den Knochen, aber das Staatstheater Mainz hat sich in der Spielzeit 2022/23 insgesamt 30 Premieren vorgenommen und will sich dabei zu mehr Nähe hin tasten. Berührungen und Vertrautheit seien irritierend geworden, sagte Intendant Markus Müller bei der Vorstellung des Programms für die nächste Spielzeit am Freitag in Mainz. Jetzt gelte es, diese neu auszuloten. Dazu passt die erste Opernpremiere mit Mozarts "Così fan tutte" am 1. Oktober: In der Inszenierung von Cordula Däuper soll es um die Frage gehen, wie Nähe empfunden wird und was in Beziehungen alles gelebt werden kann.

Der Kosmos des Musiktheaters in Mainz umfasst bis Sommer kommenden Jahres auch das von schwarzem Humor strotzende Musical "Sweeney Todd", Puccini mit seiner ersten Oper "Le Villi" - mit einem überraschenden Bezug zu Mainz - oder das Werk "Die Eroberung von Mexico" von Wolfgang Rihm. Mit "Morpheus Studio" unternimmt das Staatstheater eine "musikalische Expedition in das Reich des Schlafs", mit Musik von Monteverdi wie von Motörhead. Im Weihnachtsprogramm ist "Peter Pan" zu erleben, die 2013 in Stuttgart uraufgeführte Oper von Richard Ayres für ein junges Publikum ab zehn Jahren habe für Ohr und Auge sehr viel zu bieten, sagte die Chefdramaturgin fürs Musiktheater, Sonja Westerbeck.

Schauspiel-Chefdramaturg Jörg Vorhaben nannte drei Themenschwerpunkte der neuen Spielzeit: Es geht um Staat, Gesellschaft, Wissenschaft, dann um Familie und schließlich um Unterhaltung. Den Premierenreigen eröffnet am 15. Oktober "Der staubige Regenbogen" von Hans Henny Jahnn. Regisseurin Rieke Süßkow geht darin Fragen der nuklearen Bedrohung wie der Verantwortung von Wissenschaft nach.

Nähe und Berührung spielen zumindest im Titel der ersten von drei Tanztheater-Premieren eine Rolle: "Please don‘t touch the art piece" (Bitte das Kunstwerk nicht berühren) wird von Roy Assaf choreografiert und im November aufgeführt. Was dann im Leibniz-Zentrum für Archäologie wirklich getanzt wird, ist offen. "Assaf steht dafür, relativ spontan zu arbeiten", sagte Ballettdirektor Honne Dohrmann. "Er ist fast ein Aktionskünstler des Tanzes."

In der Diskussion über die Aufführung von russischer Kunst im Schatten des Ukraine-Kriegs steht das Staatstheater mit Interpretationen von Rachmanninow, Tolstoi oder Tschechow für die Freiheit der Kunst ein. Müller mahnte, es dürfe zu keinem Kulturkampf kommen. "Wir halten es für völlig falsch, wenn jetzt posthum russische Künstlerinnen und Künstler in Gesinnungshaft genommen werden."

Die Abonnement-Zahlen des Staatstheaters Mainz sind unter den Einfluss des Theater-Lockdowns zurückgegangen. Nach viereinhalb Rekordjahren sei das Theater jetzt wieder auf dem Ausgangsniveau, sagte Müller. "Auch bei uns ist die Auslastung geringer als vor Corona, aber es ist kein Absturz." Der Intendant fügte hinzu: "Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind stabil und gesund." Die Preise sollen nicht erhöht werden.

© dpa-infocom, dpa:220506-99-185601/3

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