Theater:Männergeschichten

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Johanna Hasse inszeniert die Tragikkomödie "Indien"

Von Hanna Emunds, München

Heinz Bösel und Kurt Fellner (Heiko Dietz und Uwe Kosubek) verstehen sich nicht besonders gut. Wie auch? Charakterlich könnten sie nicht gegensätzlicher sein. Bösel ist ein grummeliger Rheinländer, mit einer Vorliebe für Essen und Kartenspiel. Fellner, ein pseudointellektueller Ruhrgebietler, der seine angebliche Überlegenheit gerne durch Trivial-Pursuit-Fragen unter Beweis stellt. Zusammen sind sie als Gasthaustester im Auftrag des Fremdenverkehrsamt auf Dienstreise. Dort isst und trinkt sich Bösel durch die Speisekarten, während Fellner in den Zimmern nach dem Rechten schaut.

"Indien" heißt die Tragikkomödie, die Johanna Hasse im "Theater ...und so fort" inszeniert hat. Beruhend auf dem gleichnamigen Film der österreichischen Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer verlegt sie das Stück aus Österreich in den bayrischen Wald. Die Gasthaustester sprechen ihre eigenen Dialekte Kölsch und Ruhrplatt. Die legendären Autofahrten aus dem Film ersetzt Hasse durch Geräusche: das Zuschlagen einer Autotür, Hupen, Motoraufheulen. Die Bühne besteht aus einer weißen Wand und einem Tisch mit zwei Stühlen. Ortswechsel werden durch das Umstellen der Einrichtung verdeutlicht.

So schlicht wie das Bühnenbild wirken zunächst auch die Charaktere. Aber unter der Oberfläche aus Wortkargheit, Flüchen und Besserwisserei liegen lauter kleine Tragödien von einsamen Männern. Heinz Bösel erzählt, wie er sich mit 18 in ein Mädchen verliebte, sie dann gleich schwängerte und deshalb heiraten musste. Kurt Fellner erfährt auf der Reise, dass seine Freundin ihn betrügt. Am Telefon konfrontiert er sie damit, wünscht ihr alles Schlimme, beendet das Gespräch aber mit ihrer liebevollen Verabschiedung "3, 2, 1, Küsschen".

Die zwei Männer, vom Schicksal nicht gerade glimpflich behandelt, betrinken sich gemeinsam maßlos. Heiko Dietz und Uwe Kosubek spielen den Rausch so überzeugend, dass man sich fragt, ob der Schnaps auf dem Tisch nicht doch einen gewissen Alkoholgehalt hat. Wenn sie sich hysterischen Lachanfällen hingeben, lacht der Zuschauer mit. Treffen sie sich in der anschließenden Nacht auf der Toilette und unterhalten sich langatmig über ihre Verdauungs- und Ausscheidungsprobleme, hält die Tragik der ganzen Sache wieder Einzug. Als Fellner dann wegen starker Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wird, weiß Bösel nicht umzugehen mit seinen Emotionen. Freundschaftliche Gefühle, die kennt er sonst gar nicht. Trotz des tragischen Endes, fühlt sich der Zuschauer an einem besseren Ort angekommen - wie in Indien.

Indien , Do, Fr., Sa., bis 3. August, 20 Uhr (außer 20. Juli), Theater viel Lärm um Nichts, August-Exter-Str. 1, 82 92 90 79

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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