Theater Dortmund:Dilettanten-Ministranten

In "Das Maschinengewehr Gottes" schickt Kultregisseur Wenzel Storch drei von ihrem Pfarrer verlassene Messdiener auf katholische Abenteuertour.

Von Cornelia Fiedler

Da rappelt's im Beichtstuhl: Wenzel Storch, der notorische Verweigerer jeder künstlerischen Konvention, kippt wieder einen prall gefüllten Klingelbeutel voller Schnapsideen auf die Bühne des Theaters Dortmund: "Das Maschinengewehr Gottes" heißt sein neuester Streich, eine "Kriminalbourleske aus dem Messdienermilieu". Storch, Jahrgang 1961, macht Theater, wie er Filme dreht, malt oder seine widerspenstigen Bilder-Essays für konkret und Titanic fabriziert: Irgendwo ploppt eine lustige Idee auf - bei "Der Glanz dieser Tage", seinem ersten antiklerikalen Kult-Trashfilm von 1989, inspiriert durch einen LSD-Trip -, und die wird dann wüst assoziativ bebildert. Wobei Storchs katholisches Elternhaus und seine fast manischen Recherchen in abstrusen kirchlichen Publikationen oft als Fundus dienen. Wie bei einem eigenbrötlerischen Privatgelehrten scheint der Gedanke an ein Publikum dabei kaum eine Rolle zu spielen. Entweder man hat Spaß an Storchs bewusst dilettantischem, anarchischem Anti-Stil - oder man wendet sich mit Grausen ab.

Wie schon in "Komm in meinen Wigwam" 2014, zelebriert auch diesmal eine betont ungelenke "Laienspielschar" die Wunder des Katholizismus: Drei einsame Ministranten bestellen als Ersatz für ihren spielsüchtigen und flüchtigen Kaplan einen vollautomatischen Pfarrer (schön unberechenbar: Andreas Beck). Der hat ein Maschinengewehr als Arm, ballert wild herum und brüllt Zitate des einst beliebten Straßenpredigers und Franco-Fans Johannes Leppich (1915-1992), bis er explodiert. Die tapsigen Messdiener müssen nun diverse Abenteuer und Hindernisse bewältigen - das Rote-Bete-Massiv, den dealenden "Hostienettenbär", Protestanten -, bis das Messglöckchen in der verwaisten Pfarrei wieder bimmelt. Bescheuerte Story, hinreißend komische Momente, und nebenbei eine Reflexion über die Suche nach allzu einfachen Lösungen, auch bekannt als "Religion".

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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