Theater:Das Glück neben dir

Kleiner Mann, was nun?

Liebe im Hamsterrad des Lebens: Sveta Belesova, Susan Hecker, Hilmar Henjes und Nik Mayr (von links).

(Foto: Christian Flamm)

Uwe Bertram bringt in Wasserburg Hans Falladas Roman "Kleiner Mann - was nun?" mit sehr viel Liebe und Sorgfalt auf die Bühne

Von Egbert Tholl

Das Rad kann alles. Groß und schwer beherrscht es die Bühne, ein Meisterwerk geschmiedeter Handwerkskunst. Läuft einer in ihm, wird es zum Bild eines nicht endenden Wegs; es ist Wiege, Bett und Leiter, natürlich Sinnbild für alles Mögliche, Assoziationsding für sämtliche Räume, von denen hier erzählt wird - das Rad ist toll. Und deshalb passt es gut zu der Aufführung.

Uwe Bertram erzählt am Theater Wasserburg Hans Falladas Roman "Kleiner Mann - was nun?". Erzählen ist hier wörtlich gemeint, fast, wäre da nicht die herrliche Phantasie, die im Kopf wohnt und nun angestupst wird. Bertram braucht vier Menschen, und schon hat er eine Welt. Da sind natürlich Lämmchen und Pinneberg, Sveta Belesova und Nik Mayr, die bis zum Ende ihre Liebe zueinander nicht verlieren. Mit einem Lämmchen wie Belesova kommt man auch durch alle Fährnisse des Lebens, die ist praktisch und liebevoll und so viel Mensch, dass man sich keine Sorgen mehr machen braucht, auch wenn nichts mehr zum Essen da ist. Sie wirkt hier, obwohl so jung, viel reifer als ihr Pinneberg, der immer ein paar Flausen mehr im Kopf hat als sie. Allein wie Belesovas Lämmchen die Haushaltspläne erstellt, die hint und vorn nicht aufgehen, und für den Murkel ist auch noch nichts eingeplant, allein diese Planungskünste zeigen eine Unerschrockenheit dem Leben gegenüber. Muss sie einmal verzweifeln, dann steht das Rad, dann steht die Welt still.

Fallada hält in seinem Roman die Figuren aufrecht mit einem Optimismus, dem man nun gerne wiederbegegnet. Bertrams Fassung funktioniert da als prima Kondensat, ist gut austariert zwischen Kolorit, Zeitgeist, Humanität und Allgemeingültigkeit. Eigentlich ein wunderbares Hörspiel, aber auch pralles Theater, dank des Rads und dank der vier Schauspieler darin, davor und dahinter. Susan Hecker und Hilmar Henjes fungieren als Erzähler, so steht's auf dem Theaterzettel; sie erzählen auch, sind aber vor allem alle Figuren, die gerade gebraucht werden um Lämmchen und Pinneberg herum. Sie berlinern sich mit Verve durch alle Schichten, sind Alte, Junge, Luden, Huren, schaffen ein tönendes Panoptikum einer Welt, in der viele wenig haben, aber deshalb noch keineswegs solidarisch miteinander umgehen. Es geht hier weniger um Klassenkampf als um Würde, und die werden Lämmchen und Pinneberg nie verlieren, auch wenn's haarscharf ist.

Kleiner Mann - was nun? Freitag, 9. Dezember, 20 Uhr, weitere Aufführungen bis Februar, Theater Wasserburg

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