Theater:Aus zwei Richtungen zu einem Ziel

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Sehr unterschiedliche Geschichten treffen in "Out of Area“ aufeinander: Pouya Raufyan und Manuel Nawrot (von links). (Foto: Judith Buss)

In "Out Of Area" trifft ein ehemaliger Bundeswehrsoldat auf den afghanischen Künstler Pouya Raufyan, der 2011 nach Deutschland flüchtete

Von Christiane Lutz

An einer Stelle des Textes erzählt Pouya Raufyan: "Ihr wacht morgens auf und schaut auf das Handy, wie das Wetter wird. Wir in Afghanistan wachen morgens auf und schauen, ob einer aus unserem Umfeld umgekommen ist." Er beschreibt die Zeit, in der er noch in Afghanistan lebte. Eigentlich möchte Raufyan nicht mehr darüber sprechen, genauso wenig wie über seine Flucht nach Deutschland 2011 und alles, was dann folgte. Die Abschiebung aus Deutschland, die Rückkehr, die Medien, die alles begleiteten. Für das Theaterprojekt "Out of Area" aber tut er es doch. Auch, weil er in Manuel Nawrot einen Spielpartner hat, der die Sorgen beim Aufwachen in Afghanistan kennt. Als Raufyan 2011 aus Afghanistan flüchtete, flog Manuel Nawrot gerade dort hin. Als Soldat war er Teil einer Fallschirmjägereinheit und sechs Monate in Kundus stationiert. Nawrot war damals 17 Jahre alt und somit der jüngste Soldat, der je in einem Kampfeinsatz der Bundeswehr war. Heute ist er Schauspieler und lebt in München.

Auf der "Kulturbühne Spagat" im Domagkpark treffen die beiden Männer und ihre Geschichten nun aufeinander. Sie haben für "Out Of Area" keine Rollen entwickelt, sondern sprechen als Pouya und Manu.

Pouya Raufyan ist in München bekannt, seit seine Geschichte 2017 durch die Presse ging. Er war kurzzeitig nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl er sich in Deutschland längst ein Leben aufgebaut hatte und als Musiker und Schauspieler engagiert war. Inzwischen lebt er in Hanau, ist verheiratet und arbeitet in einem Produktionsjob in der Industrie, etwas Handfestes. Von außen betrachtet hat sich sein Leben etwas beruhigt. Seine Aufenthaltserlaubnis aber muss im November verlängert werden. "Ich habe immer noch den Flüchtlings-Stempel auf der Stirn", sagt der 35-Jährige ein paar Tage vor der Premiere, "das nervt. Ich bin Pouya, der Geflüchtete." Deshalb, beschloss er, tut er einfach so, als sei er wirklich angekommen in Deutschland. Als gäbe es den Stempel nicht. Raufyan hofft, irgendwann von seiner Musik und vom Schauspiel leben zu können. Gerade nimmt er in Eigenregie ein Album mit persischen und deutschen Liedern auf. Für "Out Of Area" wollte er sich einen Monat für die Proben beurlauben lassen, das erlaubte sein Chef aber nicht. Also arbeitete er eben von Montag bis Donnerstag, dann fuhr er nach München und probte dort von Freitag bis Sonntag. Das Team um Regisseur Ulf Goerke musste mitziehen. Anstrengend, klar, aber Raufyan wollte unbedingt mitmachen.

Manuel Nawrot hätte er unter normalen Umständen nie kennen gelernt. "Es war verrückt", sagt Raufyan, "plötzlich mit Manu in einer Pizzeria zu sitzen." Auch wenn sich der Soldat Nawrot im Unterschied zu Raufyan sein Schicksal gewissermaßen ausgesucht hatte, versteht er das mit dem Stempel doch sehr gut. Man sieht ihm den Soldaten zwar nicht auf den ersten Blick an, los wird er das Image dennoch nur schwer. Mit diesem Theaterabend hoffen die beiden, ein Kapitel ihres Lebens schließen zu können. So gut das eben geht.

Out Of Area, 4./5. Oktober und 19. Okt., je 20 Uhr; sowie 20. Okt., 18 Uhr, Kulturbühne Spagat , Bauhausplatz 3

© SZ vom 04.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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