Süddeutsche Zeitung

Theater:Aktivisten besetzen die Berliner Volksbühne

  • Aktivisten sind am Freitagnachmittag mit Rucksäcken und Schlafsäcken in das Theater am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz eingedrungen.
  • Es handele sich um eine "dauerhafte Übernahme des Hauses als eine darstellende Theaterperformance", hieß es.
  • An der Volksbühne schwelt seit Monaten ein Streit um den Kurs des neuen Intendanten Chris Dercon.

Die Gerüchte, dass es geschehen könnte, schwirrten schon länger durch die Berliner Kunstszene, am Freitag ist es dann tatsächlich passiert: Aktivisten haben die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz besetzt. Am Nachmittag drangen die Aktivisten mit Rucksäcken und Schlafsäcken in das Gebäude ein und befestigten ein Banner mit dem Schriftzug "Doch Kunst" an der Fassade. Auf einem Flugblatt bezeichneten sich die Besetzer als Künstlerkollektiv "Staub zu Glitzer" und kündigten die "dauerhafte Übernahme des Hauses als eine darstellende Theaterperformance" an. In den kommenden drei Monaten sei ein Programm aus Gastspielen, Festivals und Tagungen geplant. Zur Umsetzung ihrer Ziele hätten die Besetzer einen Verein und eine Stiftung gegründet. 48 Menschen hätten die Aktion seit Monaten geplant.

An der Volksbühne schwelt seit Monaten ein Streit um den Kurs des neuen Intendanten Chris Dercon, der als Nachfolger des langjährigen Chefs Frank Castorf im August das Haus übernahm. Kritiker befürchten, dass das Theater zu einem kommerzialisierten "Eventtheater" umgestaltet werden könnte.

Eine Sprecherin der Aktivisten sagte am Freitagabend in der rbb-Abendschau: "Wir kritisieren nicht Chris Dercon, sondern die Stadtentwicklung." In der Volksbühne solle nun unter anderem ein "Anti-Gentrifizierungszentrum" und ein "Parlament der Wohnungslosen" entstehen, hieß es. Die Aktivisten riefen auch ehemalige Mitglieder der Volksbühne zum Mitmachen auf. Chris Dercon könne währenddessen in der zweiten Spielstätte der Volksbühne am Tempelhofer Flughafen bleiben.

Die Polizei und Vertreter der Kulturverwaltung waren am Freitag vor Ort. Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer veröffentlichte am Abend ein Statement, in dem er Gespräche mit den Besetzern ankündigte, ihr Vorgehen aber kritisierte. Es sei nicht "progressiv", die neue Intendanz um Chris Dercon daran zu hindern, ihre Arbeit zu machen, hieß es darin. Und weiter: "Zur Kunstfreiheit gehört auch, sie den anderen zuzugestehen." Die Leitung der Volksbühne will im Laufe des Samstags eine Stellungnahme zu der Aktion abgeben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3679937
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/luch
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.