The Producers: Lachen über Hitler:Der Führer muss mal

Endlich sieht man ihn so, wie man es immer gehofft hatte: Hitler als schwules Adölfchen. Berlin zeigt: "The Producers" - und die Zuschauer finden's großartig.

Franziska von Kempis

Lange Fahnen schmücken die Fassade des Berliner Admiralspalastes. Das Tuch zeigt außen zwei rote Streifen, innen einen weißen. Darauf eine schwarze Brezel - dort, wo in finsterster Zeit einmal Hakenkreuze prankten. Klarer Fall: Hier ist das Dritte Reich perplex.

The Producers: Lachen über Hitler: Schwuler Weichling: Martin Sommerlatte in der Rolle von Hitler.

Schwuler Weichling: Martin Sommerlatte in der Rolle von Hitler.

(Foto: Foto: ddp)

Die Menschen drängeln sich. Sie sind hier, um sich das Musical "The Producers - Frühling für Hitler" von Mel Brooks anzuschauen.

Zwei Mädchen stehen am Eingang und diskutieren über den Inhalt. "Geht's jetzt um Hitler oder um den Broadway?", fragt eine.

Es geht um den Broadway, aber auch um Hitler. Einen schwulen Hitler. Er ist die gnadenlos preisgegebene Knallcharge in einem Stück im Stück. Der vom Pech verfolgte Broadway-Produzent Max Bialystock und der Buchalter Leo Bloom hecken einen Plan aus: Sie wollen mit fremdem Geld das schlechteste Stück aller Zeiten herausbringen - in diesem Fall die Hitler-Verherrlichung "Frühling für Hitler". Denn das Stück soll floppen, sie wollen mit dem Geld der Investoren nach Rio.

Dazu engagieren sie den schlechtesten Regisseur der Stadt. Natürlich kommen auch nur die schlechtesten Schauspieler zum Zuge. Das Geld aufzutreiben, ist dank spendierfreudiger älterer Damen kein Problem. Doch die Show wird leider ein Erfolg und die beiden wandern ins Gefängnis.

Im Admiralspalast wird dann auch kein Klischee ausgelassen: NS-Kader zuckeln im wenig stechenden Stechschritt über die Bühne, Showgirls tanzen mit Biertischen auf den Hüften und Brezeln auf dem Kopf, eine glitzernde Reichsadler-Dame hat ihren Auftritt und, nicht zu vergessen, ein blöd kichernder Hitler rumpelt ins Nirgendwo.

Dazu rocken New Yorker Grand Dames mit ihren Rollatoren. Der Autor von "Frühling für Hitler" züchtet Brieftauben, die ihm mit Hitlergruß salutieren. Und die beiden Helden Bialystock und Bloom tanzen sich gemeinsam, die Gefängniskugel schwingend, wieder raus aus Sing-Sing.

Am New Yorker Broadway und am Londoner Westend feierte das Musical tatsächlich gewaltige Erfolge. Seit dem 15. Mai ist es auch in Deutschland, in Berlin, auf der Bühne zu sehen. Die Grundfrage bleibt, ob man ausgerechnet in Berlin über so eine Hitler-Persiflage lachen kann - und will.

Man will: "Deutschland ist reif dafür", meint Michel Friedman, der ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates des Juden. "Wer mit neonazistischer Nostalgie in 'The Producers' geht, wird enttäuscht werden. Hitler ist schwul, dekadent und ein Weichling, genau das Gegenteil seines 'arischen Idols'."

Er hat das Stück bisher in New York und London gesehen, wird es sich aber auch auf Deutsch gerne anschauen.

"Wer die heutige Republik als klares Gegenmodell zum Dritten Reich definiert, der kann nicht sagen, dass dieses Stück unzumutbar ist", findet er. Das Stück sei im Satirischen eine sehr gelungene Mischung, manchmal bleibe einem das Lachen im Halse stecken, aber genau das sei der beste Weg zur Reflexion.

Der Meinung sind auch viele der Zuschauer. "Großartig", betitelt es der Entertainer Alfred Biolek nach der Vorstellung. Er wolle es sich gerne noch einmal anschauen. Probleme mit der Hitler-Pariodie hat er nicht, gerade diese Überspitzung mache ja das Musical aus. "Man muss ja zwischen Theater und Wirklichkeit unterscheiden können", meint ein Mann im Trenchcoat. "Natürlich kann ich darüber lachen. So ein Stück löst schließlich die Verkrampfungen zum Hitler-Thema", setzt seine Frau hinzu.

"Ich halte es für eine wunderbare Persiflage", begeistert sich eine Dame im Foyer. Hitler sei als Teil des Stücks derartig übertrieben dargestellt, dass man gar nicht anders könne, als darüber zu lachen.

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