"The Company You Keep" im Kino:In nicht so guter Gesellschaft

Kinostarts - 'The Company You Keep - Die Akte Grant'

In "The Company You Keep" spielt Robert Redford den untergetauchten Terroristen Jim Grant.

(Foto: dpa)

Robert Redford hat eine lange Karriere hinter sich. In "The Company You Keep" versucht er nun an die Heldenrolle seiner Glanzzeit noch einmal anzuknüpfen. Er will das Verdrängte noch einmal ans Licht zerren - und beschließt zugleich ein Kapitel seines Lebens.

Von Susan Vahabzadeh

Schauspielerkarrieren halten länger als die von, sagen wir mal, Fußballern. Aber für die Ewigkeit sind sie eigentlich nicht gemacht. Robert Redford legte vor fast einem halben Jahrhundert los, mit Jane Fonda als Gegenpart, in "Ein Mann wird gejagt" (1966) und "Barfuß im Park" (1967), "Butch Cassidy and the Sundance Kid" (1969) brachte ihn dann in Position als größtes Sex-Symbol der Siebziger - das ist eine sehr lange Karriere.

Vielleicht hätte sie seinen vierzigsten Geburtstag nicht überlebt, hätte er sich nicht ziemlich schnell neu erfunden, als politische Figur, jenseits der 68er, weit jenseits der jungen Wilden von New Hollywood.

Redford war die linksliberale Stimme der Vernunft, was dann 1976 im nächsten Triumph gipfelte: im von ihm selbst produzierten Watergate-Film "Die Unbestechlichen", in dem er als Bob Woodward ungefähr drei Generationen Journalisten das Idealbild vorspielte, dem sie alle folgen wollten. Sein neuer Film "The Company You Keep - Die Akte Grant" sehnt sich nach dieser Zeit zurück - nach allem, wofür Redford damals stand.

Weather Underground, die RAF der USA

Redford hat "The Company You Keep" inszeniert, und er spielt auch die Hauptrolle: Jim Grant, Anwalt und alleinerziehender Vater einer halbwüchsigen Tochter, er lebt in ganz bürgerlichen Verhältnissen. Das tut auch die biedere Vorstadt-Mum, die Susan Sarandon spielt - ihr zweites Leben. Dreißig Jahre lang hat sie eine falsche Identität aufrechterhalten, dann wird sie verhaftet. Im ersten Leben war sie ein Mitglied der Weather Underground, sie wird als Terroristin gesucht.

Die Freundschaft mit dem heutigen Professor Bill Ayers brachte Barack Obama im Wahlkampf 2008 in Bedrängnis, Ayers war einer der Gründer der Gruppierung The Weather Underground, die sich 1969 auf dem Campus der Universität von Ann Arbor, Michigan, formierte. Es ging um Marxismus, Antiimperialismus, vor allem aber befand man sich auf der Höhe des Protests gegen den Vietnamkrieg - Weather Underground wurde militant, hielt die USA bis in die Achtziger mit Anschlägen in Atem.

Es waren allerdings Bombenanschläge gegen leere Gebäude, bis zu jener Bombe, die 1970 zu früh detonierte, drei Mitglieder umbrachte - und die sich dann doch gegen Menschen hatte richten sollen. In "The Company You Keep" geht es um die Siebziger, als die Gruppe eigentlich keine Opfer mehr in Kauf nehmen wollte, der Fall, für den Redford und Sarandon gesucht werden, spielt auf einen Überfall 1981 an, bei dem zwei Polizisten und ein Wachmann ums Leben kamen.

So kommen die Figuren in "The Company You Keep" in den Untergrund, nehmen eine neue Identität an. Der junge Journalist Ben Shepard (Shia LaBeouf) wittert, als er von der Verhaftung hört, dass an der Story mehr dran sein muss - und kommt mit seinen Recherchen bald Jim Grant auf die Spur, der in einem ersten Leben Nick Sloan hieß und auch auf der Weather-Underground-Fahndungsliste steht.

Wer stehen bleibt, der stirbt

Grant bringt erst mal seine Tochter bei seinem Bruder (Chris Cooper) unter, den er seit Jahren nicht gesehen hat, und beginnt eine wilde Jagd - die nur Ben Shepard versteht: Grant ist gar nicht auf der Flucht, er sucht seine frühere Freundin Mimi (Julie Christie), die auch untergetaucht ist - sie weiß, dass er an dem Bankraub, für den er angeklagt werden soll, gar nicht beteiligt war: Er hat Gewalt immer abgelehnt. Grant stand der Gruppe nur nahe, weil er mit dem Staat, in dem er lebte, in Unfrieden war - und wurde dann sehr schnell zum Gejagten, der niemandem ein Haar gekrümmt hatte. Es ist Zufall, dass diese Geschichte gerade ganz gut zum Fall Edward Snowden passt.

Natürlich möchte Redford damit Fragen stellen, die mit der Gegenwart zu tun haben: nach Überreaktionen aus Angst vor Terror, danach - das will Redford in all seinen Filmen wissen -, ob einer gleichzeitig moralisch sein und politisch handeln kann. Genüsslich zerrt er immer wieder Stückchen amerikanischer Geschichte hervor, die die Öffentlichkeit verdrängt - seine letzte Regiearbeit war "Die Lincoln-Verschwörung", da ging es um den Prozess gegen Mary Surratt, die Mutter eines der Lincoln-Verschwörer, die später als erste Frau in den USA hingerichtet wurde.

"The Company You Keep" ist von ähnlichen Motiven getrieben, von Redfords Eifer, das Verdrängte ans Licht zu zerren. Und eigentlich ist es ein schöner Thriller geworden im Stil der Siebziger, "Die drei Tage des Condor" etwa, in dem Redford als CIA-Analyst einer Mörderbande entwischt, die seine eigenen Vorgesetzten anheuerten, um ihre Machenschaften zu vertuschen. Aber man merkt "The Company You Keep" an, dass sich inzwischen die Standards in Hollywood geändert haben.

Die Hauptrollen spielen vier Oscarpreisträger - Redford, Sarandon, Christie, Chris Cooper; in den Nebenrollen war fast jeder für einen Oscar nominiert, außer Shia LaBeouf, dem jungen Zugpferd der "Transformers"-Blockbuster-Reihe. Das ist ein Ausdruck von Angst - dass einen Film wie "The Company" heute womöglich niemand mehr sehen will -, aber es ist noch kein Schaden: Susan Sarandon und Julie Christie sind ganz wunderbar gealtert, und sie bringen melancholische Nostalgie in die Geschichte.

Manche Geschichten vertragen Happy End

Eher stört es, dass sich die Geschichte an manchen Stellen den derzeit geltenden Gesetzen des Entertainments zu unterwerfen versucht - diesen Regeln folgten auch die Filme der Siebziger nicht, denen "The Company You Keep" nachempfunden ist. Man kann einfach manchen Geschichten kein Happy End verpassen, ohne sie kaputt zu machen, auch "Die drei Tage des Condor" hat keins.

Für Redford selbst, der sich zuletzt in den Achtzigern neu erfand - als Gründer des Sundance-Festivals und Pate des unabhängigen amerikanischen Films -, ist es vielleicht trotzdem das Ende eines Kapitels. Stars können mit dem Altern auf unterschiedliche Arten umgehen, männliche zumal, denen das Altern leichter zugestanden wird: Jack Nicholson ging es offensiv an mit einem Film wie "About Schmidt", in dem er mit der Pensionierung fertigwerden muss; Robert De Niro begann relativ früh, Komödien zu drehen; Dustin Hoffman hat mit 75 Jahren erst angefangen, Regie zu führen.

Redford spielt in "The Company You Keep" noch einmal die Heldenrolle seiner Glanzzeit, mit Teenie-Tochter und Verantwortung. Vielleicht hat er diese Rolle nun zum letzten Mal gespielt und erfindet sich noch einmal neu - bei den Filmfestspielen in Cannes lief in diesem Jahr der Film, den er nach "The Company You Keep" gedreht hat, "All Is Lost", inszeniert von J. C. Chandor - Redford ganz allein, in jeder Szene, ein Verlorener auf hoher See, der um sein Leben kämpft. Als Schauspieler ist er dabei so bei sich wie nie zuvor - und es ist vielleicht Zeit, noch mal nach vorn zu blicken und etwas Neues zu versuchen. "Just keep moving", hat Redford unlängst über das Altern gesagt - wer stehen bleibt, der stirbt.

The Company You Keep, USA 2012 - Regie: Robert Redford. Drehbuch: Lem Dobbs. Kamera: Adriano Goldman. Mit: Robert Redford, Shia LaBeouf, Julie Christie, Susan Sarandon, Chris Cooper. Concorde, 122 Minuten.

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