"The Bubble" auf Netflix:Sie wollten Sex, aber kriegten Liebe

"The Bubble" auf Netflix: Die Stars zappeln vor dem Greenscreen, die Dinos werden erst noch nachträglich hineinanimiert.

Die Stars zappeln vor dem Greenscreen, die Dinos werden erst noch nachträglich hineinanimiert.

(Foto: Laura Radford/Netflix)

"The Bubble": Judd Apatow hat eine Pandemie-Komödie gedreht über einen Hollywood-Set im Lockdown.

Von Fritz Göttler

Die Dinos vom Mount Everest sind eine ganz eigene Spezies, sie flattern eher behäbig um ihren Berg, picken sich hin und wieder einen aufdringlichen Freeclimber vom Felsen und zerreißen ihn in mundgerechte Stücke, vor einem gewaltigen Vollmond, wie er seit Spielbergs "E.T." zum romantischen Hollywood-Bestand gehört. Diese Dinos sind die Monster in der Blockbuster-Serie "Cliff Beasts", die auf Platz 23 aller Erfolgsspektakel Hollywoods steht, und um den Dreh des sechsten Stücks geht es in "The Bubble", dem neuen Film von Judd Apatow (auf Netflix). Die Blase, das ist jene verrückte, selbstfixierte Welt des Filmemachens, die man aus Filmen von Minnelli, Mankiewicz oder Fellini kennt, eine unglaubliche Mischung aus Enthusiasmus und Chaos. Bei Apatows Bubble kommt nun noch dazu, was lange ausgespart wurde auf der Leinwand, die Pandemie mit all ihren Auswirkungen auf das tägliche Leben - das auf dem Set natürlich -, wie es von den neuen Filmen "Jurassic World 3" oder "Mission: Impossible 7" berichtet wurde.

Nr. 6 der "Cliff Beasts" soll ein Comeback werden für Carol Cobb, die bei Nr. 5 ausbüxte, um einen Film zu drehen, der dem Diversitätswahn Hollywoods entsprang - eine monströse Produktion mit dem Titel "Jerusalem Rising", in dem sie eine israelisch-palästinensische, sich für Kooperation einsetzende Mutter spielte und dafür vernichtende Kritiken kassierte. Bei der Rückkehr zu den "Beasts" ist sie verunsichert, fürchtet das Ressentiment der Kollegen, die sie im Stich ließ, und die für alle angesetzten zwei Wochen Quarantäne vor dem eigentlichen Dreh bringen sie an den Rand der Verzweiflung.

Natürlich gibt es auch hier britische Lockdown-Partys mit Alkohol, Sex und Drogen

Karen Gillan ist Carol, die coole Heldin aus "Gunpowder Milkshake", zu ihren Kollegen zählen David Duchovny und Pedro Pascal, aus der Familie Apatow sind zwei Mitglieder dabei, Leslie Mann und Iris Apatow (Frau und Tochter). Das ganze spielt fern von Hollywood, in einem einsamen Landhotel in der englischen Provinz - einer Landschaft und einer Gesellschaft, die von sich aus Isolation provozieren. Natürlich gibt es auch hier die bewährten britischen Lockdown-Partys, mit einer Menge Alkohol, Sex und Drogen. Die Witze, die man über die Corona-Prozeduren macht, sind dementsprechend ... "Alle von euch sind negativ getestet. Aber alle positiv auf Influenza ... Und zwei positiv auf sexuell übertragbare Krankheiten."

Die Menschen in Apatow-Filmen muss man nicht mögen, er ist ein Meister der Mittelstandspsychosen, der schmuddeligen Midlife-Desaster, die er dort packt, wo Woody Allen immer zurückschreckte, am Unterleib. In den Star-Akteuren sehen wir unsere eigenen Defekte gespiegelt, das Verlangen nach Anerkennung, Unabhängigkeit, Geborgenheit.

Der Lockdown, sagt Apatow, war eine Art Purgatorium, ein Fegefeuer, in dem wir innehalten mussten und über unser Leben nachdenken. Die Kritik auf "The Bubble" war vernichtend - das ist gewiss der Film, den keiner brauchte, hieß es. Die moderne Computertechnik hängt die Akteure vor einem Greenscreen auf und lässt sie im Leeren zappeln, die Dinos werden erst tricktechnisch danach hinzugefügt. Im Leeren zappeln, wie den unsichtbaren Viren gegenüber ... Und der Lockdown bringt hervor, dass auch das Filmemachen nichts als Sklavenarbeit ist, unter dem Regime der fernen zugeschalteten Produzenten und Studioleute. Mit einem Sklavenaufstand endet der Film.

Das Groteske ist bei Apatow immer die letzte Form des Melodrams. Die Rituale und Exaltationen, in die die Menschen in der Bubble sich verkeilen, sind oft lächerlich und leer, sie haben Angst vor echter Emotion. Sie wollten Sex, aber sie kriegten Liebe, heißt es einmal im Film, das ist schon die ganze Apatow-Formel.

The Bubble, 2022 - Regie: Judd Apatow. Buch: Judd Apatow, Pam Brady. Kamera: Ben Smithard. Mit: Karen Gillan, Iris Apatow, Pedro Pascal, Leslie Mann, David Duchovny. Netflix, 126 Minuten.

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