"Terminator 3":Butterbeidefische

Das Schicksal ist wie immer unausweichlich. "Terminator 3 - Rebellion der Maschinen" zeigt aber immerhin, wie ein Nichts die Welt retten kann.

TOBIAS KNIEBE

(SZ v. 30.07.2003) Manchmal ist es gut, auf das Schlimmste gefasst zu sein. Auf die drohende Apokalypse zum Beispiel, auf den Tag, an dem die Computer die Herrschaft übernehmen - aber genauso auch auf den Moment, in dem ein Science-Fiction-Klassiker durch Habgier und Inkompetenz zerstört wird. Die Maschine, die aus der Zukunft kam, um die Welt zu retten, hat uns Menschen vor allem eines gelehrt: ewige Wachsamkeit. Und wer die Botschaft verstanden hatte, der wusste auch dies: "Terminator 3", die Fortsetzung zweier verstörend schöner Meisterwerke aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, konnte im Grunde nur eine Katastrophe werden. Zu schmerzlich das Fehlen von James Cameron, dem Schöpfer und Mastermind der Geschichte; zu sorglos die Kommentare von Arnold Schwarzenegger, der so tat, als ginge es um ein beliebiges Projekt seiner Restkarriere, und nicht um das drohende Ende einer Legende; zu dröge und altbacken schließlich der Trailer, der den heiligen Anspruch der Serie, an der Spitze der technischen Evolution zu stehen, kampflos an "Matrix Reloaded" abgab. Wenn es einen Film in diesem Sommer gab, auf den wir uns nicht gefreut haben, dann diesen.

"Terminator 3": Zu sorglos die Kommentare von Arnold Schwarzenegger, der so tat, als ginge es um ein beliebiges Projekt seiner Restkarriere, und nicht um das drohende Ende einer Legende.

Zu sorglos die Kommentare von Arnold Schwarzenegger, der so tat, als ginge es um ein beliebiges Projekt seiner Restkarriere, und nicht um das drohende Ende einer Legende.

Dann allerdings geschah etwas Merkwürdiges. "Matrix Reloaded" kam, nahm dem Publikum für einen Moment den Atem - und hinterließ, je schaler der Film nachwirkte, eine Art Ground Zero der Frustration. "Charlie's Angels" kickboxten sich um Kopf und Kragen - und machten endgültig klar, dass man amerikanische Stars, die an chinesischen Drähten durch die Luft schweben, im Grund nicht mehr sehen kann. "Hulk" schließlich bestätigte, was die Wachowski-Brüder schon vermuten ließen: Das mythenschwere, schicksalsgeladene Tremolo, das zum Pflichtprogramm des anspruchsvollen Actionfilms verkommen ist, verursacht mittlerweile Magenschmerzen. Hollywood, auch die Boxoffice-Zahlen des Sommers erzählen es, steckt in der Krise. In diese Krise hinein platzt "Terminator 3": Laut, direkt und unbekümmert, gusseisern und irgendwie handgeschmiedet, ein Film voll Schlichtheit und Ehrlichkeit, unverwüstlich wie eine russische Kalaschnikow. Die Devise heißt, auf Steirisch gesagt: Mir pockn's. Und wenn ein Loch in der Story auftaucht, durch das die Handlung zu entweichen droht, dann wird ein erklärender Dialogsatz hineingestopft wie ein alter Putzlappen.

Manchmal ist es gut, auf das Schlimmste gefasst zu sein - so könnte auch das Motto des Regisseurs Jonathan Mostow lauten. Dann weiß man nämlich, dass man immer nur zweite Wahl war, und die ganz großen Ambitionen sind erst mal abgehakt. Dann kann man sich auf den Spaß konzentrieren: Auf den Hundert-Tonnen-Schwerlastkran zum Beispiel, der auf Verfolgungsfahrt durch L. A. donnert, Telefonmasten kappt, Kleinwagen plättet, eine Glasfront pulverisiert und schließlich ungespitzt in den Boden rast. Hier ist eine physische Kraftentfaltung spürbar, die dem Kino immer mehr abhanden kommt - nicht nur Pixel werden bewegt, sondern tonnenschwere Lasten, bis die Funken stieben. Dies war schon immer eine Funktion des Katastrophenfilms: Die Überproduktion, die eine Boomgesellschaft hinterlässt, möglichst realistisch zu entsorgen. Schwarzenegger hat für die Glasfassade, in die er unbedingt hineinrasen wollte, zwar aus eigener Tasche bezahlt - die anderen Werte aber, die hier zerstört werden, stammen von Anlegern am Neuen Markt. Gerade für die deutschen Investoren des Films, die den Großteil des 175-Million-Dollar-Budgets getragen haben, dürfte das Ergebnis seltsam befriedigend sein - anders als an der Börse sieht man hier definitiv, wo es geblieben ist.

Auch ansonsten gibt es keine bösen Überraschungen. Nach zwei "Terminator"-Filmen bestehen gewisse Erwartungen, was passieren muss, und Jonathan Mostow würde den Teufel tun, damit Schindluder zu treiben. Die Terminatoren kommen also brav aus der Zukunft an, zurückgeschickt durch die Zeit, wie immer: Der eine, in der Gestalt von Arnold Schwarzenegger, soll Leben retten - und man sieht seinen Brustmuskeln nicht an, dass sie heute ihren 56. Geburtstag feiern. Der andere, diesmal in der Gestalt des Models Kristanna Loken, muss töten - und zwar, auch dies nichts Neues, den großen Heerführer in den Kriegen der Zukunft: John Connor (Nick Stahl). Der ist mittlerweile ein junger Mann in den Zwanzigern und lebt einen merkwürdigen Widerspruch: Das Schicksal hat ihn für eine gewaltige Aufgabe vorgesehen - er allein kann die Menschheit vereinen, um den Kampf gegen die Maschinen zu bestehen. Das Problem ist nur: Damit er diese schöne Aufgabe antreten kann, müssen erst einmal drei Milliarden Leben vernichtet werden - in einem globalen Atomschlag. John Connor hofft, dass dies eher nicht passiert. Das aber raubt seinem Leben jeglichen Sinn: Er wird sozusagen dafür bezahlt, nichts zu tun, nichts zu erreichen - und nichts zu sein.

Vielleicht aber folgt er auch einem Plan, der höheren Ortes längst festgelegt ist. Es mag zwar wie ein dämlicher Zufall erscheinen, dass Connor bereits in den ersten Minuten des Films auf eine Jugendliebe namens Kate (Claire Danes) trifft, die sich nicht nur - soviel muss verraten werden - als seine zukünftige Ehefrau entpuppt, sondern auch noch als Tochter jenes Generals, der gerade an den boshaften Computersystemen bastelt. Aber die sorglosen Drehbuchautoren zaubern sogleich eine Erklärung aus dem Hut: Es ist natürlich Schicksal - der Gang der Dinge scheint unaufhaltsam. Genau dasselbe versucht auch der weise Terminator den bockigen Menschen klarzumachen, die unbedingt Herren ihres Schicksals bleiben wollen. Ein alter Konflikt, den Hollywood im film noir immer wieder abgehandelt hat - die bisherigen "Terminator"-Filme waren, in diesem Licht betrachtet, Manifeste der Selbstbestimmung, Proklamationen des freien Willens.

Die Dinge, die passieren müssen, damit Danes und Stahl als Paar zusammenfinden und ihre Rolle im Leben annehmen können, kennen wie immer keinen Preis. Dies führt zu einem mutigen und innovativen, gleichwohl in seinen Implikationen völlig disproportionalen Ende - ein Ende, das im Nachhinein solche Tragweite entwickelt, dass es den ganzen Film in einem neuen Licht erscheinen lässt. Was in normalen Geschichten spätestens im ersten Drittel passiert - die Hauptfiguren stellen sich, wie zögerlich auch immer, ihrer Aufgabe - passiert hier erst am Schluss. Welcher Mainstream-Film wagt es schon, den faktischen Abschluss seines Narrativs zunächst geheim zu halten, aber dennoch vor dem eigentlichen Showdown zu platzieren, der sich somit komplett als Farce entpuppt? Am Ende wirkt "Terminator 3" gerade deshalb nicht wie der Abschluss einer alten Trilogie, sondern wie der Anfang einer neuen - und damit hat der Film ein eigenständiges Existenzrecht erworben. Manchmal ist es schon gut, auf der Schlimmste gefasst zu sein - denn besser kommen kann es allemal.

TERMINATOR 3: RISE OF THE MACHINES, USA 2003 - Regie: Jonathan Mostow. Buch: John D. Brancato, Michael Ferris. Mit: Arnold Schwarzenegger, Claire Danes, Nick Stahl, Kristanna Loken. Columbia, 125 Minuten.

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