VIP-Konzert von Taylor Swift:"Diesen Song habe ich in der Badewanne geschrieben"

Taylor Swift City of Lover Concert at L'Olympia

"Sie ist einfach unnormal nett", sagen Fans über Taylor Swift, die sich ganz nah gibt und doch unnahbar ist.

(Foto: © Dave Hogan)
  • Taylor Swift gibt ein VIP-Konzert im "L'Olympia" in Paris und gesellt sich damit zu Song-Legenden wie Édith Piaf und David Bowie.
  • Der gewohnte Zuckerguss sieht nach ziemlich harter Arbeit aus, wenn die Sängerin ihn live auf der Bühne vorführt.

Von Nadia Pantel, Paris

Die ersten Tränen fließen, bevor Taylor Swift überhaupt die Bühne betreten hat. "Ja, ich bin jetzt drin." Einer extra aus Deutschland angereisten Frau bricht die Stimme, als sie am Handy die frohe Kunde nach Hause übermittelt. Dreizehn Stunden Autofahrt, dann einen ganzen Tag lang auf dem Boulevard des Capucines Schlange stehen, bis sich die PR Menschen schließlich erbarmen. Die vier Mitglieder des Swift-Fanclubs aus Norddeutschland kriegen gelbe Bändchen ums Handgelenk und gehören damit zu den ersten, die das neue Album der Amerikanerin live hören. Vier von nur 2000 Gästen. Klar kann man da mal weinen.

Der Name des Popstars steht in riesigen roten Leuchtbuchstaben an der Fassade des Olympia, in dem sie alle gespielt haben: Édith Piaf, Louis Armstrong, David Bowie, die Rolling Stones. Mit ihren mittlerweile zehn Grammys kann Swift sich entspannt in diese Reihe einschreiben. Und sie tut es so swifthaft wie man es sich vorstellt. Die anderen vor ihr waren Legenden, sie ist zusätzlich noch beste Freundin.

Tickets für das Konzert kann man nicht kaufen, man besorgt sie sich mit der Swiftwährung: Liebe und Hingabe. In L'Olympia sollen an diesem Abend nur Menschen stehen, die entweder sehr lange vor der Tür gebettelt, oder unermüdlich an Radioverlosungen teilgenommen haben. "Ich würde für sie Dinge tun, die würde ich nicht mal für meine Familie tun", sagt ein 20-Jähriger und seine Konzertpartnerin presst ihre Hände an ihren Brustkorb, um irgendwie all ihre Gefühle in den Griff zu bekommen: "Sie ist einfach unnormal nett." Swift, sagen sie, ist "wie eine Droge", "wenn sie mal länger nichts postet auf Instagram kriege ich Entzugserscheinungen".

Ganz nah und unerreichbar: Im echten Leben führt diese Kombination zu bitterstem Liebeskummer, Swift hat mit diesem Rezept mehr als 50 Millionen Alben verkauft. Als sie auf die Bühne tritt, beginnt nicht nur der ganze Saal zu schreien, die Fans leuchten sogar. Möglich macht es das Spezialarmband, das jeder am Einlass umgeschnallt bekommt und auf dem LED-Lichter zu Klang von Swifts Stimme die Farbe wechseln. So hat jeder ein kleines Stückchen blinkende Swift, ganz für sich allein. Dieses Armband ist auch deshalb eine gute Idee, weil ohnehin alle ständig die Hände in die Luft halten, um das Konzert von Anfang bis Ende durchzufilmen. Dank der Leuchtdeko neben den Displays sehen die Handys ein bisschen weniger profan aus.

Mit Zynikern hält sich Swift nicht auf

Denn der Nachteil an so einem VIP-Event ist schließlich, dass Menschen, die zu VIPs erklärt werden, oft dazu neigen, sich am meisten für sich selbst zu interessieren. In den vorderen Reihen des Saals wird jeder einzelne Song mitgesungen, selbst die neuesten, die Swift vorher noch nie live performt hat. In den hinteren Reihen stehen die geladenen Gäste aus der Popelite, die sich lieber übers vergangene Wochenende und ihre kommenden Projekte unterhalten. Das wird ein wenig zu stark spürbar, als Swift ihre Band von der Bühne schickt und sich selbst an der Gitarre begleitet. "Diesen Song habe ich in der Badewanne geschrieben", erzählt sie. Intim! Die Fans vorne stöhnen vor Glück auf. Die Gästen in den hinteren Reihen freuen sich, dass sie nicht mehr gegen die laute Band anreden müssen.

"City of Lover" hat Swift diesen Pariser Abend genannt. Nicht die Stadt der Liebe also, sondern die Stadt von "Lover", ihrem neuen Album. Schließlich bekommt alles, was Swift anfasst den Markenstempel des Taylor-Universums. Paris ist heute also ihre Stadt und was das bedeutet, hat sie bereits im Musikvideo ihrer Single "ME!" klargemacht. Dort tanzt die Sängerin durch eine am Computer gebastelte Pariskulisse in Pastellfarben. Alles ist Liebe, Liebe, Liebe.

Wenn man in Paris lebt, wird man ja schnell zu einem Garstbold, der applaudierend daneben steht, wenn die Stadtreinigung mal wieder ein paar herzchenverzierte Vorhängeschlösser von den Brückengeländern flext. Swift, ganz Amerikanerin, hält sich mit solchen Zynikern allerdings nicht auf. Ihr Paris ist voller Regenbögen, Schmetterlinge, Katzenbabys und Menschen, die mit Regenschirmen durch die Luft fliegen, weil sie so glücklich sind. Und das Überraschende an ihrem Konzert ist nun, dass all der Zuckerguss nach ziemlich harter Arbeit aussieht, wenn sie ihn live auf der Bühne vorführt. Jede ihrer Bewegungen ist exakt, kein Hüftschlenker überflüssig, jedes Lächeln kontrolliert gesetzt. Sie vereint den harmlosen Mädchencharme, der sie groß gemacht hat, mit dem Auftritt einer Frau, die so wirkt, als träfe sie alle Entscheidungen selbst.

Der Nachhauseweg auf dem Fahrrad führt am Eiffelturm vorbei. Der französische Schriftsteller Guy de Maupassant soll oft genau neben dem Bauwerk zu Mittag gegessen haben. Weil er den Turm so schrecklich fand. Er wird zitiert mit dem Satz: "Es ist die einzige Stelle, von wo aus ich ihn nicht sehe." Nach der einstündigen Popinfusion im L'Olympia ist der Blick auf den Turm ein anderer. Die Gedanken reichen gerade noch für ein "Oh, wie schön er glitzert", bevor man sich gezwungen sieht, weiter Taylor Swift Songs zu summen. Das Hirn will protestieren, doch die Füße strampeln zum Rhythmus des Rausschmeißerhits: "Haters gonna hate, hate, hate, hate, hate".

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