Was sagen über diesen Tanzabend in zwei Teilen, welche doch die Hälften eines Ganzen sein wollen? Menschliche Interaktion ist das Thema, überschrieben mit "Everything Blue". Darin arbeiten sich jeweils drei Personen im Hoch X je eine halbe Stunde ab nach den choreografischen Vorgaben der Kanadierin Jasmine Ellis, aufgrund ihres Münchner Erstlings "Empathy" 2018 hoffnungsvoller Neuzugang der hiesigen Tanzszene, und des in Wien verankerten Brasilianers Evandro Pedroni. Sein Stück "Blue" ist tatsächlich in Nachtblau getaucht, worin die Figuren wie Schemen agieren, eingangs umspült von einem unheilvoll klagenden Ruf, der einem Didgeridoo entstammen könnte.
Den schwierigsten Part hat fraglos die hochgewachsene Tänzerin Quindell Orton inne, muss sie doch gleichsam als Vestalin des zeitgenössischen Tanzes bewegungslos auf der Stelle ausharren - mit einem wie eine Opfergabe auf Händen dargereichten Plattenspieler. Der allerdings wird erst im Stück von Jasmine Ellis gebraucht für die wundersam melancholischen Songs der Band The Crown Session. Während Quindell also so dasteht, schält sich aus dem Dunkel ein ineinander verknotetes Paar, die zierliche Johanna Nielson, kopfüber in den Armen von Robyn/Hugo le Brigand verhakt. Später werden die beiden einander wie die Panther umschleichen, um dann bäuchlings als Echsen die Bühne zu queren. Da ist der Sound längst zu hart pulsierendem Techno mutiert, und man fragt sich angesichts der Dreierkonstellation, ob hier nicht doch die Kleinfamilie gemeint ist, wobei Mutter unvermutet erstarrt, um dann doch noch nach dem finalen Blackout die Suppe zu servieren.
Über dem ersten Teil dräut eine Skulptur aus zu Kuben zusammengesteckten Rohren, ein abstraktes Objekt, das nach der Pause, bei Ellis' "Everything Goes", zu einem bodendeckenden Schlafwohnraum umgebaut ist. Weil es ja nur Gestänge ohne Füllung sind, müssen sich Cristina D'Alberto und Samuel Minguillon darauf und darunter entlanghangeln. Wobei ihr Beziehungs-Clinch beziehungslos an den Songtexten vorbeirauscht. Jürgen Kärcher klopft das Metallkonstrukt auf Stabilität ab, was ihm offenbar mehr liegt als die Schauspielerei. Immerhin halten diese kryptischen Halbstünder zwei Elemente zusammen: die variable Ausstattung von Theresa Scheitzenhammer und die facettenreiche Musik des mehrfach ausgezeichneten Musikers und Komponisten Maximilian Hirning. Darauf, dass Jasmine Ellis ihr Versprechen als Choreografiebegabung einlöst, muss man nach nun schon zwei Flops weiterhin warten. (Noch am 17. und 18.1., 20 Uhr)