2016 ist als Tanzjahr aufgerufen, erstmalig, einmalig. Das stimmt einen eher bedenklich, als dass es einen freute. Denn solche Jubeltage und -jahre gelten doch allgemein dem Minderbewerteten. Frauen zum Beispiel. Der Tanz rumpelt in den Köpfen etlicher Kulturhandwerker nach wie vor als fünftes Rad am Wagen, sprich als dritte Sparte daher, heißt bei den meisten falsch aber pars pro toto, immer noch "Ballett". Dabei hat der zeitgenössische, der freie Tanz längst schon auch auf bayerischen Bühnen Einzug gehalten. Beim Bayerischen Staatsballett steht er künftig wohl auf verlorenem Posten. Igor Zelensky, ein Vertreter der russischen Schule mit neoklassischem Anstrich, tritt im September als Ballettchef und Nachfolger Ivan Liškas an. Man ist angesichts dieser Wahl geneigt, "Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!" anzustimmen in Erwartung glamouröser Repräsentationskultur statt draufgängerischen Wagemuts.
Der hoffnungstragende Verlierer - und mit ihm die Stadt München über ihre Grenzen hinaus - war und ist der Tänzer und Choreograf Richard Siegal (), aktuell noch Künstler in Residenz im Muffatwerk. Es gibt nämlich bisher keine Anstalten, diesen höchst eigenständigen Mann fest an München zu binden. Kulturreferent Hans-Georg Küppers windet sich wohlfeil aus der Affäre, indem er die Verantwortung an die städtische Fachjury delegiert, in der Hoffnung, sie möge dem international begehrten Künstler doch diesmal eine Projektförderung zugestehen.
Besteht noch Hoffnung für den Hoffnungsträger der hiesigen hoffnungslos versottenen freien Szene? Nutzt Küppers die Chance, Richard Siegal zum Beispiel als klugen künstlerischen Kopf eines virtuellen Tanzhauses im Kreativquartier mit adäquatem Salär zu bestallen? Dann wirkte das Tanzjahr wenigstens in München nachhaltig fort.