Süddeutsche Zeitung

USA:Wem gehören eigentlich Tattoos?

  • Die New York Times hat die Frage aufgeworfen, ob Tattoos, obwohl sie oft sehr persönlich sind, ihren Trägern gar nicht gehören.
  • Der Anwalt Michael Kahn argumentiert, dass eine tätowierte Figur in einem Videospiel eine Cartoon-Version des Originals sei, was die Rechtslage ändere.
  • In den USA sind nun mehrere Verfahren anhängig, in denen geklärt werden soll, ob damit die Copyright-Rechte der Tätowierer verletzt werden.

Von Christian Zaschke

Als Dwyane Wade, einer der erfolgreichsten Basketballer in der Geschichte der amerikanischen Profiliga NBA, in Chicago aufwuchs, stellten seine Eltern einige Regeln auf: keine Ohrringe, keine Hüte und vor allen Dingen keine Tätowierungen. Nachdem er 2001 zu Hause ausgezogen war, ließ er sich umgehend ein Loch ins Ohrläppchen stechen, durch das er einen Ring steckte. Ein Zeichen der Rebellion. Der nächste Schritt sollte eine Tätowierung sein. Wade ging in ein Studio und machte umgehend kehrt. Das war doch nicht das Richtige für ihn, erzählt er. Bis heute gehört Wade zur Minderheit der NBA-Spieler, die nicht tätowiert sind.

Sein Kollege LeBron James, mit dem er einige Jahre bei den Miami Heat zusammenspielte, ist hingegen über und über tätowiert. "Meine Tätowierungen sind Teil meiner Persönlichkeit und meiner Identität", sagt er. Am rechten Unterarm trägt er zum Beispiel die Zahl "330", die Telefonvorwahl seiner Heimatstadt Akron in Ohio. Auf dem rechten Oberarm ist der Name seiner Mutter Gloria verewigt. Auf seinem Rücken prangt der Schriftzug "Chosen 1" - der Auserwählte. Ein unter Sportfans gern erzählter Witz ist, dass er dieses Tattoo bereits bei der Geburt trug.

Verschiedenen Schätzungen zufolge sind zwischen 55 und 70 Prozent der NBA-Spieler tätowiert. In der amerikanischen Gesamtbevölkerung sind es zwischen 30 und 45 Prozent. Laut United States Copyright Office liegt das Copyright für jede kreative Illustration beim Urheber, das schließe Tätowierungen mit ein. Die New York Times hat nun die interessante Frage aufgeworfen, ob das bedeutet, dass die Hautbilder, obwohl sie oft sehr persönlich sind, ihren Trägern gar nicht gehören.

Es geht, wie so oft in den USA, um Geld

Für die meisten Menschen ist diese Frage nicht weiter wichtig, weil Einigkeit darüber besteht, dass Tätowierte das Recht haben, die Bilder auf ihrer Haut in der Öffentlichkeit zu zeigen, was auch fürs Fernsehen oder für Druckerzeugnisse aller Art gilt. Wenn die Tattoos aber digital nachgebildet werden, etwa in einem Videospiel, in dem zum Beispiel ein Avatar von LeBron James auftritt, könnte die Sache laut New York Times ganz anders aussehen.

Der Anwalt Michael Kahn, der unter anderem den Designer des berühmten Gesichtstattoos des früheren Boxers Mike Tyson vertritt, argumentiert, dass eine Figur in einem Videospiel eine Cartoon-Version des Originals sei, was die Rechtslage ändere. Videospiele werden immer realistischer und bilden auch die Tattoos der Protagonisten ab. In den USA sind mehrere Verfahren anhängig, in denen geklärt werden soll, ob damit die Copyright-Rechte der Tätowierer verletzt werden. Es geht, wie so oft in den USA, um Geld.

Auch Europa könnte betroffen sein. Im Fußballspiel "Fifa 18" sind zum Beispiel die vielen Tätowierungen von Lionel Messi zu sehen, der unter anderem ein Bildnis von Jesus auf dem rechten Arm trägt. Eine Anfrage der Times, was das für die Zukunft bedeuten könnte, ließ der Hersteller Electronic Arts unbeantwortet.

Bei einem der berühmtesten Fußballer der Welt ergeben sich diesbezüglich keine Probleme: Der Portugiese Cristiano Ronaldo hat nicht eine einzige Tätowierung. Seine Begründung: Er gehe regelmäßig Blut spenden.

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Quelle:
SZ vom 31.12.2018/fie
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