SZ-Serie: Der Weg zum Buch (5):App in die Therapie

Ein Gespräch über Medienarbeit bei C.H. Beck

Von Bernhard Blöchl

Einen Zeitungsartikel darüber zu schreiben, wie wichtig Zeitungsartikel für den Erfolg von Büchern sind, ist sonderbar und auch ein bisschen unangenehm. Aber was soll man machen, der vorletzte Abend der "Woche der Verlage" handelte genau davon: von der Bedeutung erfolgreicher Presse- und Veranstaltungsarbeit für Autoren und ihre Bücher. Eingeladen hatte C.H. Beck, der Raum mit den Fenstern zum hübschen Schwabinger Innenhof war gut gefüllt mit Lesern, Autoren, Bloggern und Branchenkollegen.

Diese bekamen eingangs zu hören, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit tatsächlich ist, da waren sich der Moderator, Kulturjournalist Dieter Heß, und seine Gesprächspartner einig. Bei jährlich 70 000 neuen Titeln spiele die Pressearbeit "eine maßgebliche Rolle", Aufmerksamkeit zu generieren, sagte Ulrike Wegner. Die Leiterin der Presse- und Lizenzabteilung bei C.H. Beck habe den Eindruck, die Relevanz sei über die Jahre noch gestiegen. "Das Buch muss über die Presse laufen" - ein beliebter Satz in Verlagen. Gleichzeitig sinke die Zahl der Buchbesprechungen in den Leitmedien, betonte Wegner. "Die Kunst der Pressearbeit ist es, für jedes Buch den idealen Rezensenten zu finden." Zum Maßnahmenkatalog gehören auch das Organisieren von Interviews und Lesereisen. Über den "Glücksfall" T.C. Boyle ("Das Licht") berichtete Christina Knecht von Hanser. Der amerikanische Star-Autor sei erneut für alles zur Verfügung gestanden, seit 30 Jahren komme er regelmäßig nach Deutschland. Die jüngste Lesetour sei zwar ein großer Aufwand gewesen, beginnend mit einem Flug- und Bahn-Chaos, das sie nahe an einen Herzinfarkt brachte, wie Knecht erzählte. Aber der Erfolg des Buches richtete alle wieder auf.

Dass sich das Berufsbild verändere, von der Presse- zur Medienarbeit, darauf ging der dtv-Kollege Thomas Zirnbauer ein. "Wesentlich komplexer" seien die Herausforderungen geworden, "kleinteiliger und vielschichtiger". Neue Möglichkeiten, näher an den Leser heranzurücken, bestünden in der "Endkundenansprache", etwa über Lesekreise, und im "digitalen Raum". Am deutlichsten ging Elisabeth Braune auf die Digitalisierung ein. Ihr Arbeitgeber, die Mixtvision Mediengesellschaft, setzt auf "crossmediale PR". Der Fokus liege auf den Schnittmengen zwischen Buch-, Film- und Games-Branche, auf begleitende Apps, Webseiten und Videos sowie der Zusammenarbeit mit Bloggern und Instagram-Nutzern. Braune sprach vom Versuch, "analoge Geschichten zu digitalisieren". Später konfrontierte eine junge Leserin das Podium mit dem, aus ihrer Sicht, Mangel an Influencern im Buchbereich. Zirnbauer bestritt dies und verwies auf die sehr aktive Literaturvernetzerin Karla Paul. Darüber hinaus seien Influencer, also bezahlte Online-Kommunikatoren, kein Thema der Presseabteilung, wo nun mal kein Geld fließe.

Tränen schon, ab und an. Denn natürlich kommt es vor, dass Bücher verrissen oder von der Presse nicht beachtet werden, oder dass Autoren mit der Betreuung unzufrieden sind. Der Druck, auch vom Verlag, sei groß, erzählte Ulrike Wegner und präzisierte ihr Berufsbild: "Eine therapeutische Zusatzausbildung schadet überhaupt nicht."

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