Wie es sich für einen Kultursalon der Süddeutschen Zeitung gehört, kommt erst das gepflegte Kulturgespräch und dann das Bier. Aber auch ohne alkoholische Erfrischungsgetränke kann man sich gut vorstellen, was sich in der pfeilerbestückten großen Halle einst abgespielt hat und was sich abspielen wird, sofern die Pläne für das "Forum Humor und komische Kunst" Wirklichkeit werden. Bis vor rund 20 Jahren beherbergte das rote Backsteingebäude im Schlachthofviertel die Viehmarktbank; und hier, in der ehemaligen Kassenhalle, zahlten Metzger und Viehhändler Geld ein oder hoben es ab, wobei es gewiss rustikaler zuging als bei Bankgeschäften am Promenadeplatz.
Der Viehhof ist stillgelegt, und künftig soll das mehr als 100 Jahre alte Gebäude dem Humor gewidmet sein, und zwar, wie Reinhard G. Wittmann, der Vorsitzende des einschlägigen Fördervereins, später sagen wird, in Form eines interaktiven Mitmach-Museums. Die alte Kassenhalle ziert derzeit die Otto-Bar, ein Gemeinschaftsprojekt des Künstlerkollektivs "super+" und des Architekturbüros "Uns", derzeit einzige Mieter in der Viehbank. Dort sähe Wittmann künftig gern den Raum für Sonderausstellungen, die historische Spielarten des Humors ebenso zum Thema haben könnten wie aktuelle Erscheinungsformen der Komik. Im ersten Stock, wo ehedem ein Großraumbüro war, fände die Dauerausstellung Platz, etwa mit Karikaturen und Cartoons der Sammlung von Meisi und Helmut Grill und vieles mehr. Eine Humorakademie ist geplant, Werkräume, eine Experimentierbühne, multimediale Präsentationen. Kurzum: Wer das Forum Humor besucht, soll es umfassend belehrt und vor allem belustigt wieder verlassen.
Vorhang für den Humor? Was nötig ist, um in der alten Viehbank ein Museum der komischen Künste zu etablieren, darüber sprachen Hans Kratzer (SZ), Reinhard Wittmann, Gerhard Polt und Susanne Hermanski (SZ).
Zum Kultursalon kamen Galeristin Meisi Grill, Mitinitiatorin des Museums, Sammler und Strategieberater Sven Kielgas, Kolumnistin Marie Waldburg.
Der Kommunikationschef des Gasteigs Michael Amtmann, Axel Hofstadt und Moritz Freiherr von der Heydte, beide von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Der Karikaturist Rudi Hurzlmeier und Richard Oehmann von Doctor Döblingers geschmackvollem Kasperltheater.
Und Wolfgang Ettlich filmte.
Wie aber kann das gelingen? Dies ist eine der Fragen, die Susanne Hermanski, die Leiterin der SZ-Kulturredaktion, und Bayern-Redakteur Hans Kratzer an diesem Donnerstagabend zu ergründen versuchen. Als Gesprächspartner haben sie neben Wittmann den famosen Gerhard Polt, den Hermanski als "einen der wunderbarsten Streiter für das Projekt" vorstellt. Polt, gut gelaunt im Trachtenjanker, zerstört sogleich die Hoffnung der Salongäste, von ihm, dem Experten, eine ewig gültige Definition des Phänomens Humor zu erhalten. Den Humor wie auch immer einzukasteln, hieße, ihm die Freiheit zu nehmen, weshalb sich Polt auf den hintergründig komischen Satz beschränkt: "Humor ist allwei dann, wenn er stattfindet."
Nun soll er in Zukunft auch da stattfinden, wo einst Viehhändler und Metzger Geschäfte machten, doch um das zu erreichen, müssen Polt, Wittmann und deren Mitstreiter, zu denen Eckart von Hirschhausen, Hape Kerkeling oder Luise Kinseher zählen, noch einige Steine aus dem Weg räumen. Zwar hat der Stadtrat beschlossen, die denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Viehmarktbank für das Forum bereitzustellen, noch zu klären aber ist, mit welchen Summen sich Stadt und Freistaat an den Kosten beteiligen. Die jeweiligen Entscheider zu überzeugen, dass hier eine einzigartige Kultureinrichtung entstehen soll, sei aber nicht ganz einfach, berichtet Wittmann. "Die komische Kunst ist noch immer nicht kulturell geadelt." Gefördert werde in erster Linie die ernste Kunst, der Humor gelte als nicht förderungswürdig. "Das ist die Barriere, gegen die wir seit zwei Jahren anrennen."
Das Projekt selbst ist noch einige Jahre älter, es begann mit der Idee von Meisi und Helmut Grill, ein Karikaturmuseum zu gründen. "Komische Pinakothek" sollte es heißen, was die Direktion der Staatsgemäldesammlungen aber gar nicht lustig fand und den weihevollen Namen "Pinakothek" ausschließlich für die sogenannte hohe Kunst reklamierte. Da war es gut, dass eines Tages Gerhard Polt hinzustieß und anregte, das Museum für sämtliche Erscheinungsformen des Humors zu öffnen. Damals, erzählt Polt, habe er gerade im Fernsehen die verkniffenen und wütenden Gesichter von Teilnehmern einer Pegida-Demonstration gesehen und sich dabei gefragt: "Ist Demokratie ohne Humor denkbar?" Nein, Demokratie braucht Humor, in der Diktatur hingegen müsse er sich verstecken, etwa im Flüsterwitz, wie er im Dritten Reich kursierte - auch dies ein Thema, das im Forum Platz finden könnte.
An humoristischen Feldern, die zu beackern wären, fehlt es nicht. Polt würde auch interessieren, ob und wie die alten Ägypter Witze über den Pharao Ramses II. gerissen haben und welche Folgen dies für den Witze-Erzähler hatte. Überhaupt gehe es nicht nur um den Münchner oder den bayerischen Humor, nein, man möchte viel weiter blicken. "Humor", sagt Polt, "gibt es in allen Kulturen." Dennoch muss Wittmann feststellen: "Der Humor wird unterschätzt." Dabei habe er eine "politische und soziale Komponente", weil er überall sein Wesen treibe: im Alltag ebenso wie in der Kunst, im Kabarett, in der Literatur, im Film oder der Musik. Das klingt zunächst recht akademisch, soll aber im Forum mit allen Sinnen erfahrbar sein. Vorgesehen ist etwa ein Raum, in dem sich zwei Besucher gegenüber sitzen und versuchen, sich zum Lachen zu bringen. "Wir wollen nicht den Humor sezieren, sondern mit Humor über den Humor handeln. Wenn einer hier rausgeht, und er hat nicht gelacht, haben wir was falsch gemacht."
Was das betrifft, ist der Anfang schon getan, denn zu lachen gibt es viel an diesem Abend. Ist auch kein Wunder, wenn Polt auf dem Podium sitzt, der notfalls das Telefonbuch vorlesen könnte, und es wäre immer noch lustig. Und München, das glaubt zumindest Wittmann, "ist ja eine Hochburg der Komik" - ein Befund, der mit einem Blick auf die hiesige Humorgeschichte von den Fliegenden Blättern im 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart leicht zu verifizieren wäre. Auch ist man sich einig, dass der einstige Viehhof der ideale Standort wäre. Gegenüber dem Bankgebäude steht das Wirtshaus im Schlachthof samt Kabarettbühne, daneben der Neubau des Volkstheaters. Schon mehr als anderthalb Millionen Euro Spenden hat der Förderverein gesammelt, für Wittmann ein Beleg, dass das Projekt bei den Münchnern gut ankommt: "Wir sind auf einer Wolke des Wohlwollens."