Für die umstrittene Präsentation des Werks von Christoph Schlingensief erhielt sie bei der 54. Biennale in Venedig den Goldenen Löwen. Jetzt wurde bekannt, dass Susanne Gaensheimer, Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt, auch im kommenden Jahr den deutschen Pavillon kuratieren wird.
Süddeutsche Zeitung: Die meisten Kommissare kuratieren den deutschen Pavillon zweimal hintereinander. Gibt es da einen Automatismus?
Susanne Gaensheimer: Das war tatsächlich eine Art ungeschriebenes Gesetz. Eigentlich hatte die Kunstkommission des Auswärtigen Amtes in dem Jahr, als sie mich vorgeschlagen hat, entschieden, den Kurator künftig jedes Mal zu wechseln. Aber nach allem, was geschehen ist, hat man mich gefragt, ob ich es noch einmal machen würde.
SZ: Sie haben aber lange gezögert.
Gaensheimer: Ich habe gesagt, dass ich es mir unter bestimmten Bedingungen überlegen würde. Daraufhin wurden die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Kurators lange diskutiert und schließlich erheblich verbessert.
SZ: Mussten Sie hart verhandeln?
Gaensheimer: Ich habe da gar nichts verhandelt. Die Kommission, deren Mitglied ich bin, hat das Resümee ziehen müssen, dass die Arbeitsgrundlage für den Kurator sehr schlecht ist. Im Fall von Christoph Schlingensief war ich ja mit mehreren potentiellen Sponsoren über einen langen Zeitraum im Gespräch. Nach seinem Tod sind sie alle abgesprungen.
SZ: Ein halbes Jahr vor der Eröffnung hatten Sie lediglich noch die Sockelfinanzierung des Auswärtigen Amtes.
Gaensheimer: Und die war extrem niedrig. Das bewegte sich zwischen 250.000 und 300.000 Euro.
SZ: Und diesmal?
Gaensheimer: Darüber möchte ich nicht sprechen. Es gibt aber auch andere Faktoren, die sich verbessern werden. Künftig sollen die Kommissare beim Bereich Sponsoring unterstützt werden.
SZ: Was haben Sie aus den Erfahrungen der vergangenen Biennale gelernt?
Gaensheimer: Meine Arbeit war natürlich ganz wesentlich von der Tatsache geprägt, dass Christoph Schlingensief gestorben ist. Ich musste sehr eng mit den Menschen kooperieren, die ihm nahe standen. Diesmal wird meine Rolle eine andere sein.
SZ: Haben Sie schon einen Künstler im Kopf?
Gaensheimer: Worüber ich jetzt schon sprechen kann, ist die Fragestellung, die mich diesmal interessiert. Ich finde, dass man ein Land wie Deutschland nicht mehr unabhängig von einem globalen Zusammenhang sehen kann. Schon gar nicht die Kunstszene.
SZ: Bei der vergangenen Biennale standen Sie im Fokus der Aufmerksamkeit: durch die Wahl eines Künstlers, der vom Theater kommt, durch dessen Krankheit und seinen Tod. Spüren Sie den Druck wieder einen Aufreger zu finden?
Gaensheimer: Nein. Aber ich finde schon, dass man sich für den Pavillon immer wieder etwas einfallen lassen muss, was eine neue Perspektive hinzufügt.
SZ: Was wäre denn etwas Neues?
Gaensheimer: Man muss etwas aufgreifen, was die Themen der Zeit widerspiegelt. Das muss gar nicht sensationell oder spektakulär sein.