Streit um Harald-Schmidt-Satire:Harry muss einstecken

Harald Schmidt wollte einem Satiriker vor Gericht verbieten lassen, ihn auf seinem Magazincover zu zeigen - mit einer Pistole an der Schläfe. Nun muss er feststellen, dass er das nicht kann.

Ruth Schneeberger

Eigentlich sollte man meinen, einer wie Harald Schmidt sollte mehr Humor verstehen. Ein Cover auf einem winzig kleinen Satiremagazin (Auflage: 50 Stück in zwei Jahren!), vertrieben übers Internet, das den Spaßmacher zeigt, wie er sich eine Pistole an die Schläfe hält, mit dem Titel "Tod dem Satiriker!" - kann das einen großen Entertainer wirklich jucken? Zumal seine eigene Produktionsfirma, Bonito TV, vermutlich der einzige Abnehmer des Heftchens gewesen sein dürfte, per Auktion bei Ebay.

Doch Harald Schmidt verstand in diesem Fall keinen Spaß, erwirkte eine einstweilige Verfügung vor Gericht - und verklagte den Urheber auf 50.000 Euro. Das Landgericht München nahm sich am Mittwochmittag der Sache an. Doch in dieser Verhandlung musste nicht nur der Prozessbeobachter, sondern auch der Anwalt des Klägers einiges lernen.

Erstens: Schmidt ging es weniger um das Cover, sondern vielmehr um den Inhalt des Heftes. In den drei Ausgaben, die sein Konterfei ziert, komme er nur einmal vor - dafür umso deftiger: Der Macher des Heftchens, der sich selbst als Satiriker bezeichnet, schreibt ihm eine fiktive Liaison mit Verona Pooth auf den Leib.

Schlimmer noch seien aber die Gedichte und Geschichten, in denen Schmidt nicht vorkomme: Als "obszön, primitiv und ordinär" bezeichnet sein Anwalt, Dr. Axel Czarnetzki, den Magazininhalt. Auch die Richter mussten lachen über die "obszöne Lyrik", aber nicht aus satirischen Gründen, sondern weil sie sich gefragt hätten, wer so etwas produziere. In einer Ausgabe habe der Autor den Holocaust mit der DDR in Zusammenhang gebracht und anzügliche Bemerkungen über Eva Braun verbreitet. Harald Schmidt, so macht sein Anwalt deutlich, wolle mit solchem Inhalt nicht in Zusammenhang gebracht werden.

Schuldunfähig

Das sehen die Richter ähnlich. Es stünde außer Frage, dass die TV-Größe sich dies ungefragt nicht bieten lassen müsse. Das sei aber leider bei dieser Verhandlung nicht die Hauptfrage.

Und nun kommt der Clou: Der Mann, der hinter dem Heft des Anstoßes steckt, kann nicht verklagt werden, denn er ist nicht prozessfähig. Inwieweit sein Anwalt Marcus Lausmann als Betreuer zur Verantwortung gezogen könne und auf welche persönlichen Handicaps sich die Prozessunfähigkeit genau beziehe, musste in der Verhandlung erst erörtert werden - denn das ärztliche Gutachten darüber, dass der Mann verhandlungsunfähig sei, hat sein Rechtsanwalt erst am Vortag beigebracht.

Doch nun ist es amtlich: Der Mann gilt als schuldunfähig. Er sei manisch und leide an Kritikunfähigkeit und Selbstüberschätzung. Nicht Schmidt, sondern sein Gegner. Die einstweilige Verfügung wird aufgehoben, Schmidt muss eine Niederlage einstecken.

"Dieser Fall ist so lustig wie juristisch interessant", ließ sich der Richter bei der Urteilsverkündung mit guter Laune erwischen. Zum Abschluss wünschte er dem Kläger "viel Spaß" bei der Kontaktaufnahme mit Elvira Frankenheim. Die Dame ist nämlich die zweite Beklagte in diesem Fall. Der manische Satiriker hatte diesen Namen als Pseudonym verwendet.

Dass Schmidt auf das Geld verzichten muss, wird ihn wohl weniger stören als die Tatsache, dass er nun machtlos gegen seinen Gegner ist - und damit gegen weitere satirische Versuche jeglicher Art. Anwalt Lausmann versicherte aber, dass er Einfluss auf seinen Mandanten nehmen wolle: "Ich tue, was ich kann."

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