Süddeutsche Zeitung

Streichquartett:Bewegend

Das Emerson String Quartet im Prinzregententheater

Von Klaus P. Richter, München

Es schien, als hätten die vier legendären amerikanischen Gentlemen ihren Quartettabend unter die Signatur der Tonart A gestellt: zweimal A-Dur, einmal a-Moll. Mozarts A-Dur Streichquartett, KV464, aus seinen "Haydn-Quartetten", rauschte im Prinzregententheater mit apollinischer Grandezza vorbei, obwohl die tänzerische Grazie des ersten Satzes bezauberte und der Cellist Paul Watkins, seit 2013 im berühmten Emerson String Quartet, in der Coda des Andante mit dem Trommeleffekt für etwas bukolischen Flair sorgte.

Aber erst im a-Moll-Quartett von Robert Schumann, opus 41 Nr. 1, differenzierte sich die wunderbar homogene Klangaura des Emerson Quartets zum eindringlichen Espressivo. Schon hinter der an Bach geschulten Kontrapunktik des Kopfsatzes baute sich romantische Passion auf. Im Adagio sorgte dann ein Melos von Beethoven-Format für Tiefsinn und im Presto-Finale schließlich der jähe Piano-Umschwung in der Coda für Dramatik.

Zum Höhepunkt aber wurde dann das Streichquartett Nr. 2 in A-Dur von Dimitrij Schostakowitsch. 1944 entstanden, entwickelt es sich mit seinen vier programmatischen Szenen als "Russischer Roman". Das Emerson String Quartet erzählte diesen mit intensiver Glut, denn Schostakowitsch komponierte ihn nicht rhetorisch, sondern mit leidenschaftlicher Gewalt und anstrengender Satzarbeit. Dazwischen leuchtete aber immer wieder introvertierte Klage auf, am ausdrucksvollsten im zweiten Satz "Rezitativ und Romanze", wo sich die Solovioline des Primarius Eugen Drucker mit bewegender Eindringlichkeit entfalten konnte.

Nervös bis neurotisch der "Walzer", der aber das Genre nicht parodiert, sondern zum Charakterstück eleviert und schließlich die Kaskade der Schlussvariationen von panischer Verstörung bis in den schwarzen a-Moll-Abgesang voll Trauer und Resignation. Ganz passend dazu dann eine dunkle, melancholische Dvořák-Zugabe.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2019
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