Stiftung Preußischer Kulturbesitz:Der Tanker driftet weiter

Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Die Villa von der Heydt, Sitz des Präsidenten und der Hauptverwaltung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) - wo nach wie vor die Macht angesiedelt ist.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Kulturstaatsministerin Monika Grütters wollte die unbeweglich gewordene Stiftung Preußischer Kulturbesitz radikal umbauen. Daraus wird wohl nichts.

Von Jörg Häntzschel

Plötzlich flackerte Leben auf in der notorisch sklerotischen Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK). Statt noch mal nachzuzählen, wie viele Jahre, Monate, Wochen noch zur Pensionierung blieben, statt sich wieder über abgelehnte Anträge oder defekte Toiletten zu ärgern, debattierten im Juli und August Museumsdirektoren, aber auch Kuratoren, Restauratoren und Verwaltungspersonal über die Zukunft der Stiftung wie auf einem Parteitag der Grünen, circa 1983. Einen kurzen Sommer lang blitzte unter den rund 2000 Mitarbeitern von Europas größter Kulturinstitution die Hoffnung auf, aus dem alten, leckgeschlagenen Tanker SPK könne eine Flotte von Schnellbooten werden.

Genau das hatte in einem Bericht nach zwei Jahren Recherche der Wissenschaftsrat gefordert: Die Zerteilung der Stiftung in autonome Teile. Er war wie "Wasser in der Wüste", so ein Beteiligter. Endlich sprach jemand mit vernichtender Klarheit aus, worunter die SPK-Mitarbeiter seit Langem gelitten hatten: die "Dysfunktionalität" der Stiftung, wie es die Verfasser des Gutachtens nannten.

Doch mittlerweile ist aus dem Plänemachen ein Ringen geworden, und die Hoffnung auf den großen Wurf schwindet. Das jedenfalls kann man den Berichten Beteiligter entnehmen, aber auch den beiden Konzepten, die vor zwei Wochen vorgetragen wurden und die der SZ vorliegen. Alles deutet darauf hin, dass die Reformbemühungen in der trägen Mechanik von Kommissionssitzungen und Prüfungsaufträgen zerrieben werden. Dann kommt die Bundestagswahl.

Den Bericht hatte vor drei Jahren Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Auftrag gegeben. Neben der Eröffnung des Humboldt-Forums sollte die Neuaufstellung der SPK das große Projekt ihrer zweiten Amtszeit werden. Ein heroisches Versprechen: Während die Stiftung - vor allem dank der Wiedervereinigung und Berlins Hauptstadtrolle - in den letzten drei Jahrzehnten ein Museum nach dem anderen renoviert oder neu gebaut hat, blutete der Kulturgigant, zu dem außer 19 Museen auch die Staatsbibliothek, Forschungseinrichtungen und Archive gehören, von innen schleichend aus. Viele Gebäude sind bis zur Baufälligkeit verschlissen. Doch müde ist auch der Geist, der dort herrscht. Es mangelt an Ideen, Inspiration, Zukunftsfähigkeit - und daher an Besuchern. Gleichzeitig aber ist die SPK so groß geworden und ihr Präsident, Hermann Parzinger, so mächtig, dass Reformen immer schwerer werden.

Grütters hoffte, das Gutachten des Wissenschaftsrats würde ihr die notwendige Munition liefern. Und das tat es. Die Stiftung, so die Empfehlung, solle in kleinere Einheiten aufgelöst werden, eine davon eine eigene Museumsstiftung. Die bisherige Zentralverwaltung, an deren Spitze Hermann Parzinger steht, wäre damit überflüssig.

Die Abschaffung der Zentralverwaltung ist kaum noch ein Thema

Doch kaum war diese Empfehlung polemisch als "Zerschlagung" der SPK tituliert worden, zuckten die meisten Beteiligten zurück. Heute wird darüber kaum noch gesprochen. Und auch beim ersten Treffen der Reformkommission vor zwei Wochen ging es nur um die Staatlichen Museen, die ein Unterreich innerhalb der SPK sind, mit einem eigenen Unterkönig, Generaldirektor Michael Eissenhauer.

Hatte man anfangs erwartet, Parzinger bliebe nach dem vernichtenden Bericht des Wissenschaftsrats nur noch der Abgang, wird jetzt eher Eissenhauer abgedrängt. Tatsächlich konnte auch seine Stellvertreterin, Christina Haaks, vor der Reformkommission nicht überzeugen. Ihr Konzept, im Wesentlichen ein Rettungsversuch für die Generaldirektion der Museen, blieb undurchsichtig.

Einleuchtender erschien der Runde der Vorschlag, den die Direktoren der einzelnen Museen vortrugen. Diese Museen sollen nach Standorten in vier "Cluster" gruppiert werden, die für sich weitgehende Autonomie besitzen und gemeinsam einer rotierenden, demokratisch gewählten "Leitungsgruppe" unterstellt sind. Die Zentralverwaltung der SPK, der Präsident also, hätte nicht mehr das letzte Wort über jedes Detail der Häuser, bekäme dafür aber die Verantwortung für einzelne, bisher bei den Museen liegende Bereiche - wie die Forschung - übertragen. Dieser Vorschlag soll nun von der staatlichen Firma "Partner Deutschland" geprüft werden.

Eine öffentliche Diskussion darüber wird nicht gewünscht. Nachdem der Wissenschaftsrat dazu gemahnt hatte, endlich an das Publikum zu denken, wird über die Reform wieder hinter verschlossenen Türen diskutiert. Sogar die SPK-Mitarbeiter bekamen die Konzepte erst am Mittwoch zu sehen, in einer bearbeiteten Version. In einer wütenden Stellungnahme erklärte der Personalrat der SPK, er sehe den Reformprozess "zunehmend kritisch".

Im Januar waren außerdem von unerwarteter Seite neue Einwände gekommen. In einem Gutachten hatte sich der Bundesrechnungshof überraschend deutlich gegen die Empfehlungen des Wissenschaftsrats ausgesprochen. "In Fragen der Verwaltung und der Wahrnehmung übergreifender Steuerungsaufgaben sollten (...) grundsätzlich zentrale Strukturen angestrebt werden." Auch die Feststellung, die Museen seien "mit der aktuellen Stellenausstattung kaum in der Lage, ihre Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit wahrzunehmen", kann der Rechnungshof nicht teilen. Ressourcen sollten vielmehr "von der dezentralen auf die zentrale Ebene" verlagert werden.

Auch das Verfahren, mit dem die Reform nun diskutiert werden soll, stimmt wenig optimistisch: Zwar haben die Direktoren mit einem Brandbrief im August erreicht, ihr eigenes Konzept erarbeiten und gelegentlich auch an den Sitzungen der Reformkommissionen teilnehmen zu dürfen. Doch zusammengesetzt ist diese ausschließlich aus Politikern von Bund und Ländern, Ministerialbeamten - und dem SPK-Präsidenten samt Stellvertreter, dessen Amt der Wissenschaftsrat abschaffen wollte.

Während Eissenhauer der Rente entgegengeht und Grütters möglicherweise nur noch wenige Monate als Kulturstaatsministerin bleiben, sitzt Parzinger weiter fest im Sattel.

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