Kunst:Inhaltlich dünn

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Wie viele der Benin-Bronzen (hier der Gedenkkopf einer Königinmutter aus dem 18. Jahrhundert) aus der Sammlung des Ethnologischen Museums in Berlin nach Nigeria gehen, ist noch nicht entschieden. (Foto: Martin Franken/dpa)

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat eine Reform beschlossen, die eher ein Reförmchen ist.

Von Jörg Häntzschel

Es war, als habe die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) einmal mehr demonstrieren wollen, warum ihre Reformierung so dringlich ist: Zwei Themen standen auf der Tagesordnung, als der Stiftungsrat der SPK sich am Dienstag traf: die Rückgabe der Benin-Bronzen und der Umbau der eigenen Institution. Zu beiden Fragen wurde nur Vages verabschiedet.

Wie viele der rund 500 Bronzen aus der Sammlung des Ethnologischen Museums in Berlin nach Nigeria gehen und unter welchen Konditionen, das soll nun erst beim nächsten Treffen entschieden werden. Vorläufig wurde nur die Bereitschaft zu Rückgaben beschlossen, und Stiftungspräsident Hermann Parzinger ermächtigt, mit den zuständigen Stellen in Nigeria Verhandlungen zu führen. Doch diese Verhandlungen führen Vertreter des Auswärtigen Amts bereits seit Monaten.

Wenig Konkretes gab es auch zur Reform der SPK. "Dysfunktional" hatte der Wissenschaftsrat die Stiftung vor einem Jahr in einem Gutachten genannt. Nach zwei Jahren Evaluierung hatte er nicht dringenden Reformbedarf diagnostiziert, sondern eher Reformunfähigkeit. Die wichtigste Empfehlung hatte denn auch darin bestanden, den unübersichtlichen Mischkonzern abzuschaffen, zu dem außer den größten Berliner Museen auch die Staatsbibliothek, das Geheime Staatsarchiv und diverse Institute gehören, und ihn in kleinere, autonome Einheiten zu zerteilen. Doch die Idee lebte nur so lange, bis jemand dafür das Wort der "Zerschlagung" gefunden hatte, und bis ein anderer diese angebliche "Zerschlagung" der Preußenstiftung sogar mit dem Stürzen von Denkmälern in Verbindung gebracht hatte.

Der Präsident dürfte auch künftig das letzte Wort haben

Es überrascht daher nicht, dass der Stiftungsrat nach einem Jahr interner Debatten nun ein Reformkonzept beschlossen hat, in dem von Aufspaltung ebenso wenig die Rede ist wie davon, der Stiftung einen anderen Namen zu geben. Statt der vom Wissenschaftsrat verlangten radikalen Schritte, beschränkt man sich im Wesentlichen auf zwei Maßnahmen: In Zukunft soll ein "Kollegialorgan" die SPK leiten, in dem Vertreter der einzelnen Häuser sitzen. Die von Michael Eissenhauer geleitete Generaldirektion der Staatlichen Museen, eine seit Jahren als hemmend kritisierte Hierarchieebene zwischen der von Hermann Parzinger geleiteten Hauptverwaltung und den einzelnen Museen, wird abgeschafft.

Doch wer sich das Kollegialorgan als eine Art demokratisches Führungskollektiv vorstellt, der täuscht sich. Das Amt des Präsidenten, Hermann Parzinger, wird nicht angetastet. Er wird sich zwar mit den Vertretern der Häuser abstimmen müssen, aber als Vorsitzender des Kollegialorgans dürfte er auch weiterhin das letzte Wort haben. Während diese dem neuen Gremium nur auf Zeit angehören sollen, wird er dort langfristig bleiben; und während diese das Amt neben ihrer eigentlichen Arbeit erledigen, bleibt Parzinger weiterhin Vollzeitpräsident.

Bisher ist die jetzt beschlossene Struktur kaum mehr als eine Skizze auf einer Papierserviette. Die entscheidenden Fragen werden erst noch "geprüft": Können die Häuser endlich selbst über Personal und Haushalt entscheiden? Wie weit reicht die Macht des Präsidenten? Sollen sich die Museen in "Clustern" zusammentun oder ganz autonom sein?

Die Zahl der Ländervertreter im Rat wird reduziert, stattdessen gibt es Expertensitze

Bei den übrigen Beschlüssen des Stiftungsrats handelt es sich größtenteils um Appelle, die seit Jahren zu hören sind: Die Stiftung solle "echten Mehrwert" bieten, sprich: größer sein als die Summe ihrer Teile. Es wird mehr interdisziplinäre Arbeit gefordert, andererseits sollen die Einrichtungen aber stärkere eigene Profile entwickeln und "gezielter ihre Publika ansprechen".

Verändern soll sich in Zukunft auch die Zusammensetzung des Stiftungsrats. Bisher waren dort sämtliche Bundesländer vertreten. Weil deren finanzielle Beiträge in den letzten Jahrzehnten auf teils winzige Summen geschrumpft sind, wird die Zahl der Ländervertreter reduziert. Ihre Sitze sollen Experten übernehmen, die weder aus der Politik noch aus den Institutionen stammen.

Nominell hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters dieses Großprojekt vor dem Ende der Legislaturperiode gerade noch abhaken können. Doch die inhaltlichen Füllungen fehlen ebenso wie personelle Veränderungen. Mit den jetzigen Beschlüssen sind Verbesserungen bei der SPK kaum zu erwarten.

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