"Step Up 4: Miami Heat" im Kino:Gut genutzte Atempausen

Niemand schaut sich einen Tanzfilm wegen seiner Botschaft an. In "Step Up 4: Miami Heat" wird trotzdem gegen die leidige Stadtviertel-Gentrifizierung angetanzt. Immerhin: Diese Körper können sich bewegen.

Doris Kuhn

Was soll man von einem Tanzfilm erwarten, der mit einem Kamera-Anflug auf die Skyline von Miami beginnt und dazu im Off über jugendliche Auflehnung doziert? Nur das Beste: Er wird versuchen, mit dem Bild ordentlich Aufwand zu treiben, und er möchte die Handlungsräume zwischen den Tanzszenen ambitioniert füllen. Zwar geht sowieso niemand wegen der Botschaft in Tanzfilme, insbesondere nicht die aus der "Step Up"-Serie, aber schließlich brauchen Tänzer und Zuschauer gelegentlich Verschnaufpausen, und da geht es hier laut amerikanischem Titel um "Revolution". Sie richtet sich gegen den Abriss einer nett heruntergekommenen Miami-Hood, gegen die leidige Stadtviertel-Gentrifizierung also, die sogar in Florida ein Thema zu sein scheint.

Kinostarts - 'Step Up 4: Miami Heat '

Eine Szene aus "Step Up 4: Miami Heat"

(Foto: dpa)

Dagegen wird angetanzt von einer Gruppe kraftstrotzender, lebensbejahender junger Menschen, die sich vorerst nur für die Anzahl ihrer Klicks auf Youtube interessieren, wo sie natürlich Filme von ihren Performances hochgeladen haben. Erst langsam entdecken sie den politischen Gedanken und attackieren das Großkapital mit raffiniert organisierten Flashmobs.

Sie schleichen sie sich an Orten ein, wo niemand sie dulden würde, auch der DJ samt Lautsprechern muss eingeschleust werden. Alle sind unauffällig verkleidet, bis sie dann die Tarnung abwerfen und in der darunterliegenden zweiten Verkleidung in plötzlichen Tanz ausbrechen. So zeigen sie zwei konträre Aktionen in direkter Folge: das Verschmelzen mit der Masse und das Hervortreten aus ihr - das Unsichtbarsein und das Sichtbarwerden. Das erste zu beobachten macht Spaß, das zweite ist atemberaubend.

Akrobaten, Parcours-Läufer, Skater, Free-Climber

Die Auftritte finden in einem Restaurant statt, in einem Bürohochhaus, in einer Kunstausstellung. Meistens stellen sie einen verblüffenden Bezug zu ihrer Umgebung her, im Museum etwa sind die Tänzer als Bilder getarnt. Mit bemalten Körpern stehen sie direkt vor den Exponaten, von ihnen kaum zu unterscheiden. Sobald sie ihre Starre aufgeben, werden scheinbar die Bilder lebendig, eine langsame Bewegung flutet durch den Raum, als würde die Kunst sich recken und aus den Wänden hervortreten. Die Ausstellungsbesucher verlieren kurz die Herrschaft über die Realität, man sieht, wie das Erschrecken ihre Faszination erst weckt, dann beginnt der Tanz, seine eigenen Geschichten zu erzählen.

Dieser große Kinomoment wird nicht mehr übertroffen, nicht einmal mit der üppigen Abschlussperformance am Containerhafen, die sich zu einer Massenchoreographie ballt, verziert durch Akrobaten, Parcours-Läufer, Skater, Free-Climber und schließlich durch einen sanften Paartanz der Hauptfiguren im Abendrot. Diese beiden sind Ryan Guzman, bis vor Kurzem noch Mixed-Martial-Arts Kämpfer, und Kathryn McCormick, bekannt aus diversen Staffeln der Serie "So You Think You Can Dance".

Nur zur Erinnerung: 2006 war es Channing Tatum, der im ersten "Step Up" die Hauptrolle innehatte. Will heißen, dass nicht nur die Demonstration ihrer Körperbeherrschung interessant für die Schauspieler ist, sondern auch die Möglichkeit, eines Tages vielleicht, wie aktuell Tatum in "Magic Mike", bei Regisseuren wie Steven Soderbergh zu spielen. Die "Step Up"-Serie ist also nicht bloß Vorlage oder Vergnügen für Teenager, sondern sie sorgt dafür, dass regelmäßig Körper auf die Leinwände kommen, die sich wirklich bewegen können. Und das ist gut so - denn letztlich ist es doch die Bewegung, die das Wesen des Kinos ausmacht.

Step Up: Revolution, USA 2012 - Regie: Scott Speer. Buch: Amanda Brody. Mit Ryan Guzman, Kathryn McCormick, Misha Gabriel. Constantin, 97 Min.

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