Star-Album (45):Harvey Keitel

Wer einmal ein Interview mit ihm versiebt hat, weiß ein für alle Mal, dass Harvey Keitel nicht auf seine Rollen angewiesen ist, um einen gewaltigen Eindruck zu hinterlassen. Wer ihm auf die Nerven geht, kann nicht mit seiner Nachsicht rechnen. Ein scharfer Blick, und man weiß, was die Stunde geschlagen hat. Er ist sicher der imposanteste Schauspieler seiner Generation, und in Filmen wie "U-571" fragt man sich, wie er es neben all den anderen Würstchen aushalten mag. Andererseits war sich Keitel noch nie für irgendwelche Rollen zu schade, sondern hat viele schwächere Filme mit einer Schwerkraft ausgestattet, die sie ohne ihn nie besessen hätten. Im Grunde geht es ihm wie Robert Duvall, der für echte Star-Rollen einfach zu gut ist und deswegen stets zwischen Hauptrollen in billigeren und Nebenrollen in teureren Filmen pendelt. In Scorseses "Mean Streets" war Keitel der Held und De Niro der sidekick - in "Taxi Driver" war es dann schon umgekehrt. Jede Aufzählung weiterer Auftritte verbietet sich, weil man damit den ganzen Kasten füllen könnte. Jedenfalls geht es stets um seine gequälte Seele, die nach Erlösung lechzt und dabei zu jedem denkbaren Exzess bereit ist. Und dabei hat man nicht den Eindruck, dieser Wahnsinn habe bei ihm Methode, sondern er sei geradezu ein Urtrieb des Menschen, zu dem Keitel nach Art der Primitiven leichter Zugang hat. Einen wie ihn möchte man definitiv nicht zum Feind haben.

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Harvey Keitel

malt

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