Spurensuche:Wohlige grüne Höhle

Spurensuche

Ruisdaels "Waldlandschaft" im Amsterdamer Rijksmuseum.

(Foto: akg-images)

Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Heute: Naturverachtung war den alten Holländern fremd.

Von Kia Vahland

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Naturverachtung war den alten Holländern fremd.

Donald Trump hat per Dekret eines seiner Wahlversprechen durchgesetzt: Die Klimaauflagen für Kohlekraftwerke werden aufgehoben, Gasförderer müssen klimaschädliches Methan nicht mehr kontrollieren wie zu Obamas Zeiten, und auf staatlichem Gebiet darf wieder nach Öl und Kohle gegraben werden. Keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gefahren des Klimawandels konnten den amerikanischen Präsidenten davon abhalten, im Gegenteil, diese leugnet er systematisch.

Frühere Generationen wussten weniger über die Gesetze der Natur als wir; eine so grundsätzliche Missachtung der Landschaft aber war ihnen bei allem Dreck, aller Verschwendung und allen Bausünden fremd. Mit der Natur so gut es ging in Einklang zu leben, um von ihr mit reichen Gaben belohnt zu werden, das war lange selbstverständliches Ziel der zivilisatorischen Existenz.

In der Kunst des 17. Jahrhunderts priesen vor allem die Niederländer Wälder und Wiesen, Gewässer und Wolken. Der Philosoph Friedrich Hegel erklärte sich das so: "Der Holländer hat sich zum großen Teil den Boden, darauf er wohnt und lebt, selbst gemacht und ist ihn fortdauernd gegen das Anstürmen des Meeres zu verteidigen und zu erhalten genötigt."

Der um 1629 geborene Jacob Isaacksz. van Ruisdael wuchs im prosperierenden Haarlem auf, reiste später bis zum Mittelrhein und erwarb im Jahr 1659 das Bürgerrecht von Amsterdam. Er war ein Stadtjunge, der das Landleben von Ausflügen und Erzählungen kannte. Vielleicht brauchte er diese Distanz, um sein Sujet, die wilde, aber gute Natur, hemmungslos feiern zu können. Seine Vegetationen kennen alle Grün- und Brauntöne, Farben und Formen verschwimmen beinahe ineinander. Doch wer nah heran tritt an die Ölgemälde, kann jedes Gänseblümchen, jedes Blatt am Baum erkennen. Nah- und Fernsicht bringt Ruisdael mühelos in einem Bild unter, wie in seiner "Waldlandschaft" von 1653. Ein Hirte und seine Herde sind nur noch entfernt von hinten zu erkennen. Die eigentlichen Protagonisten sind die mächtigen Bäume im Vorder- und Mittelgrund. Einer ist umgestürzt und versperrt den Weg, damit muss der Hirte leben. Die Natur hat nicht vor, es den Menschen immer einfach zu machen; man muss sie nehmen, wie sie ist. Und wird belohnt mit einer wohligen grünen Höhle, die wie bei Ruisdael Mensch und Tier nährt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: