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" Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben "

Peter Bull, George C. Scott und Peter Sellers in „Dr. Seltsam“.

(Foto: OBS)

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen. Wir suchen in Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven - Stanley Kubricks Film "Dr. Seltsam" zeigt den Selbstzerstörungs­wahn des Menschen.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen. Wir suchen in Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven - Stanley Kubricks "Dr. Seltsam" zeigt den Selbstzerstörungswahn des Menschen

Der Amoklauf eines ehemaligen Schülers in einer High School in Florida mit siebzehn Toten war der siebte an einer Schule in den USA seit Jahresbeginn, zehn andere Vorfälle mit Schusswaffen nicht mitgerechnet. Die Waffenlobby bleibt trotzdem dabei: Gegen Schießereien helfen mehr Schusswaffen, die Lehrer sollen aufgerüstet werden. Diese Behauptung steht jedoch mit so ziemlich jeder wissenschaftlichen Untersuchung auf Kriegsfuß.

Eine Studie der Columbia University hat 2016 Studien über Veränderung in der Waffengesetzgebung in zehn Ländern zusammengeführt, und kommt zu dem Schluss: Strengere Waffengesetze führen zu weniger Schießereien. In den USA gibt es davon sowieso reichlich, vor allem der Anstieg an Massakern an Schulen aber, bei denen Kinder ermordet werden, sollten eigentlich auch den zynischsten Lobbyisten überzeugen. Die eigenen Nachkommen zum Abschuss freigeben - das ist unter evolutionären Gesichtspunkten irrational, daraus spricht eine Sehnsucht nach Selbstzerstörung.

Als Stanley Kubrick 1964 "Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben" drehte, meinte er eine andere Art von Todessehnsucht, da ist ein General namens Jack D. Ripper (Sterling Hayden) ganz vernarrt in die Idee, sein schönes Arsenal in einem Atomkrieg endlich einmal zu benutzen, weil er glaubt, die Sowjets hätten das Trinkwasser vergiftet. "Dr. Seltsam" ist dabei ein musikalischer Film, in dem man immer wieder hören kann, wie viel gnadenbringende Seligkeit einer wie der verrückte General Ripper in den Explosionen von Bomben zu erkennen glaubt. Im Pentagon versucht der Präsident, das Ende der Zivilisation noch abzuwenden, aber das klappt nicht - für den verhängnisvollen Erstschlag sorgt eine Bombe, auf der ein jubelnder Major sitzt. Und der Wissenschaftler Dr. Seltsam (Peter Sellers) hat eine Idee, wie man wenigstens ein paar Menschen via Zuchtprogramm retten könnte: Artenschutz im Bunker.

Im echten Amerika protestieren inzwischen die Schüler, wovon sich die Waffenlobby allerdings unbeeindruckt zeigt. Die Schüler verweisen auf die sehr nahe Zukunft, in der sie wählen dürfen.

Das ist wie eine sonnige Version von Kubricks "Dr. Seltsam" letzter Einstellung. Da explodiert die Welt in einer Serie von Atompilzen, zu den sanften Klängen eines Liedes von Vera Lynn: "Don't know where / Don't know when / But I know we'll meet again". Irgendwann und irgendwo werden wir uns wiedertreffen.

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