Spurensuche:Paranoia?

'The Parallax View' Warren Beatty 1974 Paramount Pictures ** I.V. ; Parallax View

Versteht die Welt nicht mehr: Warren Beatty in "The Parallax View".

(Foto: interTOPICS/mptv)

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Journalisten leben gefährlich, wie in "Zeuge einer Verschwörung

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Journalisten leben gefährlich, wie in "Zeuge einer Verschwörung".

Am Mittwoch war der Tag der freien Presse, ein Konzert für den in der Türkei inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel gab es deswegen in Berlin, und die Organisation Reporter ohne Grenzen veröffentlichte im Vorfeld die alljährliche Rangliste der Pressefreiheit weltweit. Norwegen ist Nummer eins, Deutschland steht, unverändert, auf Platz 16. Aber wie genau sind die USA eigentlich auf Rang 43 gelandet - was nur zwei Plätze schlechter ist als im vergangenen Jahr? Das hat wohl vor allem damit zu tun, dass Reporter ohne Grenzen Übergriffe recherchiert und in die Bewertung einfließen lässt - so bekommt jedes Land, so demokratisch es auch sein mag, Punkte abgezogen, auch wenn nicht direkt in Veröffentlichungen eingegriffen wird. In Deutschland gibt es auch Übergriffe und Einschüchterungen, vor allem aus dem rechten Spektrum, aber auch bei türkischen Journalisten, die hier im Exil leben. Die Türkei ist auf Platz 155 gelandet, von 180.

Einschüchtern und mundtot machen, darum geht es dem unsichtbaren Feind, den der Reporter Joe Frady (Warren Beatty) sich eingehandelt hat. Er ist Zeuge eines Attentats geworden, er und die Fernsehjournalistin Lee Carter (Paula Prentiss) haben beobachtet, wie ein Senator auf einem Hochhaus in Seattle erschossen wird, ein Einzeltäter, verkündet die Kommission, die den Fall untersucht. Aber drei Jahre später erzählt die panische Frau dem Reporter, es seien mehrere Leute, die mit den beiden zusammen das Attentat beobachtet haben, inzwischen tot. Sie glaubt an eine Verschwörung. Bald steht Joe neben ihrer Leiche in der Pathologie.

Pakula hat danach "Die Unbestechlichen" gemacht, den Watergate-Film mit Robert Redford und Dustin Hoffman; aber "The Parallax View" ist noch viel beklemmender, mit Michael Smalls Musik, die einem Schauer über den Rücken treibt. Frady steigt voll ein in die Paranoia, die ihm Lee hinterlassen hat - nur ist irgendwann klar, dass es gar kein Verfolgungswahn ist, den er da hat, er wird tatsächlich verfolgt, denn er ist auf die Spur eines Konzern namens Parallax gestoßen, der hinter allem steckt.

Pakulas Film galt, als er 1974 ins Kino kam, zwar als Kunstwerk, aber als eines, das aus den realen Attentaten der Sechzigerjahre paranoides Kapital schlüge. Eines aber ist Pakula sicherlich perfekt gelungen: Er hat eine Atmosphäre der Angst in Bilder und vor allem in Töne gefasst - das Grundrauschen der Einschüchterung.

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