Spurensuche:Orgien der Inbrunst

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„König der Könige“ (1927): Cecil B. DeMille war ein Mann des Glaubens, an Gott und ans Kino.

(Foto: SZ Photo)

Der legendäre Filmemacher Cecil B. DeMille erzählt in seinem Monumentalfilm "King of Kings" (1927) vom Ursprung des Osterfests.

Von Fritz Göttler

Die Welt verändert sich ständig, nicht aber die großen Fragen. Wir suchen nach wiederkehrenden Motiven. Den Ursprung des Osterfests hat Cecil B. DeMille in seinem Film "King of Kings" behandelt.

In einer Hurenvilla fängt sie an, die Geschichte von Jesus von Nazareth, vorgeführt von Cecil B. DeMille, im Jahr 1927, in seinem Film "King of Kings / König der Könige". Die luxuriöse Villa von Maria Magdalena, die hier ein paar griesgrämige, degenerierte Bürger empfängt, sich auf ihrer Liege räkelt, zwischendurch mit ihrem Geparden knutscht.

Ein Stuhl muss leer bleiben, reserviert für Marias Schwarm, den attraktiven Judas. Der hängt seit Tagen mit diesem Zimmermannssohn Jesus rum. Maria will selber sehen, was da los ist, lässt ihren Wagen vorfahren, mit dem großen Zebragespann. Sie trägt einen leuchtend roten Umhang, denn diese Anfangsszene ist farbig, in frühem, zweistreifigem Technicolor. Ich werd mal diesen Zimmermann aufsuchen, verkündet sie den frustrierten zurückgebliebenen Männern und zieht los.

Cecil B. DeMille war ein Mann des Glaubens, des Glaubens an Gott und des Glaubens ans Kino. Und in beiden ein echter Pragmatiker, ganz amerikanisch. Seine Bibelfilme sind spektakulär, in dem Sinn, in dem auch die katholischen Feiertage gedacht sind. Orgien der Inbrunst, in denen all das aus den - uns heute ein wenig formelhaft klingenden - Sätzen der Schriften herausgeholt wird, was verborgen und angedeutet drinsteckt, Innigkeit und Exzess, sex and crime, Verlangen und Entsagung, Menschlichkeit und Sadismus. Diese Filme funktionieren ganz in der Tradition der großen illuminierten Bibelausgaben.Die Szenen werden ausgespielt, und gerade dadurch wird potenzielles Pathos stark gedimmt.

DeMille ist, noch vor Walt Disney, der große Naive des amerikanischen Kinos und damit dessen Leitfigur über Jahrzehnte hinweg. Er produziert Naivität, aber mit Raffinesse, mit einer fast perversen Liebe zum Detail. Zu Beginn einer jeden Produktion sandte er seine Heerscharen aus, Dutzende von Assistenten und Assistentinnen, in Bibliotheken und Museen, wo sie Gemälde und Plastiken, historische Bücher und Studien konsultierten: Spektakel und Akkuratesse. Alles ist exakt, aber nichts ist wahr, hat der Filmkritiker Serge Daney geschrieben, der modernste, freiste Kinogeist der letzten Jahrzehnte, und genau an diesem Punkt bewegen uns diese Filme.

Man weiß, wie die Geschichte von Maria Magdalena sich weiter entwickeln wird, genauso wie die von Judas und Jesus, aber man schaut gebannt und voller Neugier.

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