Spurensuche:Jetzt wird geprasst

Spurensuche: Pieter Boels großformatiges Vanitas-Stillleben von 1663 hängt im Musée des Beaux-Arts in Lille.

Pieter Boels großformatiges Vanitas-Stillleben von 1663 hängt im Musée des Beaux-Arts in Lille.

Trump empfängt seine Gäste bei sich zu Hause wie ein absolutistischer Herrscher im goldenen Palast. Nur dass die Menschen im 17. Jahrhundert wussten: Reichtum ist endlich.

Von Kia Vahland

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Verschwendung beschäftigte die Zeitgenossen von Ludwig XIV.

Gold, überall Gold. Sogar die Tür des Fahrstuhls, in dem Donald Trump in New York seine Gäste empfängt, glitzert golden. Und dann das Penthouse seiner Familie im Trump Tower: Marmor, Juwelen, korinthische Säulen, dazwischen Griechenkitsch und Möbel im Louis XIV.-Stil. Vergleichsweise bescheiden nehmen sich die überfrachteten Villen an der amerikanischen Ostküste aus, in denen Neureiche im 19. Jahrhundert ihre Idee von Europa zelebrierten, und die war absolutistisch.

Was verkörpert dieser neue Weltenherrscher? Offenbar doch - unter anderem - eine Sehnsucht nach maßloser Verschwendung. Klimakatastrophe? Nachhaltige Ökonomie, Grenzen des Wachstums? Weg damit, jetzt wird geprasst. Es ist nicht leicht, dafür in der visuellen Geschichte Vorbilder zu finden. Gemeinhin betonten Staatenlenker die Würde ihres Amtes, zeigten sich als treu sorgende Landesväter. Selbst absolutistische Könige legten Wert darauf, in höherem Auftrag zu handeln und nicht aus bloßem Eigennutz.

Das freilich war nicht immer zu erkennen, wenn etwa der Franzose Ludwig XIV. unter dem Gewicht seines Rockes zusammenbrach, weil die Diamanten darauf zu schwer waren. Ein zeitgenössischer Kritiker erklärte sich Ludwigs Luxusliebe so: "Was er in Wirklichkeit erstrebte und auch erreichte, war, die Geldmittel der Gesellschaft zu erschöpfen." Ob das auch Trumps Plan ist, wissen wir nicht. Wohl aber wussten die Menschen der Vergangenheit: Es gibt keinen unerschöpflichen Fluss auf Erden. Abundantia, die Personifikation des Überflusses, schüttet ihr Horn mit Gaben nicht einfach so aus, ein tugendhaftes Leben wird auch erwartet. Und Demut vor der wahren Macht im Himmel. Im Vergleich zum Absolutismus fällt auf, wie wenig von der Endlichkeit allen Wohlstands zu spüren ist in Trumps Selbstinszenierung. Sie kam nur im Wahlkampf vor, als Drohung: Es geht bergab mit euch, wenn ihr mich nicht wählt.

Pieter Boel aus Antwerpen wurde 1674 Hofkünstler von Ludwig XIV. Zuvor malte er die Pracht weltlicher Statussymbole: eine Krone, eine päpstliche Tiara, einen muslimischen Turban über Hermelinmantel, einen Globus, eine Reiterstatuette, einen Prunkteller mit den Abenteuern der Venus. Alles, was das Herz begehrt. Doch die Kirche, in der die Szene spielt, ist eine halbe Ruine. Und der schöne Tand lagert vor einem Sarkophag, auf dem "Vanitas" steht, Eitelkeit. Irgendwann ist das viele Geld nur noch Grabbeigabe. Ein goldener Fahrstuhl im Mausoleum nützt dann auch nichts mehr.

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