Spurensuche:Frau und oder Mann

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Können Männer etwas, was Frauen nicht können? Diese Frage beschäftigte Hollywood schon lange vor dem Manifest eines Google-Mitarbeiters.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Welche Eigenschaften sind weiblich, welche männlich?

Sind Frauen für die wichtigeren Jobs im Silicon Valley einfach nicht geeignet? Ein inzwischen gefeuerter Google-Ingenieur hat die Debatte diese Woche mit einem zehnseitigen Manifest angeheizt. Frauen haben nun mal weniger Ambitionen, findet er, und überhaupt sei der Graben zwischen den Gehältern bei Google schnell dadurch erklärt, dass für einen Job wie den seinen weibliche Eigenschaften irgendwie hinderlich seien. Interesse an Menschen und so. Wer braucht das schon? Es schlug ihm eine Welle der Entrüstung entgegen, unter anderem von einem ehemaligen Google-Mitarbeiter, Yonatan Zunger, dessen Hauptargument darauf hinausläuft, dass Interesse an Menschen bei allem, was für Menschen gemacht wird, ziemlich wichtig ist; und er fand auch nicht, er ist ja selbst ein Mann, ein solches Interesse sei ein weibliches Privileg.

Was ist ein Männerberuf? Worin sind Frauen besser? Man kann darüber streiten. Konnte man schon immer. 1949 hetzte George Cukor Katharine Hepburn und Spencer Tracy für den Film "Ehekrieg" aufeinander. Adam Bonner ist Anwalt - und seine Frau Amanda ist es auch. Das mit den unterschiedlich verteilten Ambitionen sah Cukor auf jeden Fall anders, als es im Google-Manifest steht. Adam ist Staatsanwalt und bekommt den Fall einer Frau zugeteilt, die ihren Mann in die Schulter geschossen hat. Und Amanda sucht diese Frau auf - und bietet sich als Verteidigerin an.

"Ehekrieg" ist ein Klassiker unter den Screwball-Comedys. Das Königspaar in dieser Disziplin waren Hepburn und Tracy, die auch privat zusammengehörten, einander im Wettstreit verbunden. Hier findet der Schlagabtausch vor Gericht statt, und Adam hat seine Nase zwar sehr weit oben, aber Amanda hat ihre vorn. Ihr sind alle Mittel recht. Sie lässt ihn gar, zum Beweis der Geschlechtergleichheit, vor Gericht von einer Frau stemmen. Peinlich.

Aber es kommt dann noch schlimmer. Der zentrale Punkt von Amandas Argumentation ist, dass Männer auch aggressiv reagieren, wenn sie betrogen werden. Und Adam bleibt keine Schmach erspart, weil sie vor Gericht dann ihre Mandantin freibekommt. Der moralische Sieg aber gehört schließlich doch Adam: Er wird ihr am Ende nachweisen, dass sie in Stereotypen gedacht hat. Aggression aus Eifersucht ist weder männlich noch weiblich, sondern einfach bloß falsch.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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