Spurensuche:Erwartungen

Geheimnisvolle Erbschaft / Great expectations; Great Expectations

Glück auf Umwegen: Estella (Valerie Hobson) und Pip (John Mills) in „Geheimnisvolle Erbschaft“.

(Foto: ddp)

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen. Wir suchen in Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. In David Leans "Geheimnisvolle Erbschaft" zerplatzt ein Traum, aber ein größerer wird wahr.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen. Wir suchen in Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. In Oft erfüllen sich Erwartungen nicht, und am Ende ist das gar nicht so schlimm.

"The Shape of Water" gilt als Favorit bei den Oscars am Sonntagabend, schon weil er in sagenhaften dreizehn Kategorien nominiert ist - sein Schöpfer Guillermo del Toro könnte schon allein drei Trophäen bekommen, als bester Regisseur, Drehbuchautor und für den besten Film. So kann es kommen, muss aber nicht. Erst haben pünktlich zur Abstimmung der Academy-Mitglieder die Erben des Schriftstellers Paul Zindel eine Plagiatsklage eingereicht, weil sie meinen, die Handlung gleiche einem Stück aus dem Jahr 1969. Aber auch ohne diesen Klotz am Bein wäre del Toro nicht der erste Filmemacher, der mit großen Hoffnungen in die Oscar-Verleihung hineingeht und mit leeren Händen herauskommt. Steven Spielbergs "Die Farbe Lila" war 1986 in elf Kategorien nominiert. Und gewann, das ist so eine Art Negativ-Rekord, keinen einzigen.

David Leans "Geheimnisvolle Erbschaft" von 1946 ist eine Verfilmung von Charles Dickens' Roman "Große Erwartungen", und er beginnt wie die Vorlage auf einem Friedhof - wo der Waisenjunge Pip einen entlaufenen Gefangenen kennenlernt, der ihm später heimlich Erziehung und Dandy-Dasein finanziert. Erst einmal aber wird er zum Spielgefährten eines Mädchens, in das er sich verliebt. Und dann geht es auf in die große Stadt, mit großen Augen läuft Pip (John Mills) durch London, als er dort ankommt, starrt verzückt auf die Kuppeln und Dächer. Aber nichts, was er versucht, um seine Jugendliebe Estella (Valerie Hobson) zu beeindrucken, führt zum Erfolg, sie heiratet einen anderen. Erst am Ende trifft er sie dann wieder, ihr Mann hat sie verlassen. Sie sitzt in einem prachtvollen Salon in dem Haus, in dem sie aufgewachsen ist. Ein Totenhaus, ruft Pip - und als er die Vorhänge aufreißt, ist der Salon eine staubige Bruchbude. Aber nun, im Licht, laufen sie endlich zusammen davon, um von vorn zu beginnen.

Für das Drehbuch zu "Geheimnisvolle Erbschaft" war Lean damals übrigens für einen Oscar nominiert - gewonnen hat er nicht.

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