Am ersten Tag des Jahres 2012 waren die Naturwissenschaften mit ihrem Latein am Ende. Von diesem Tag an, so hatte der Internationale Botanische Kongress ein paar Monate zuvor beschlossen, mussten Erstbeschreibungen von Pflanzen nicht mehr auf Lateinisch verfasst werden. Seitdem ist auch Englisch zulässig. Aber das Ereignis ist nicht, was es auf den ersten Blick zu sein scheint: nämlich das Ende des Lateins als allgemeine Sprache der Wissenschaft, so wie es seine Laufbahn im zwölften Jahrhundert begonnen hatte. Die Geschichte geht anders: Erst im Jahr 1906, gut hundert Jahre zuvor, war Latein zur einzigen Sprache der Nomenklatur geworden. Zuvor hatten die Botaniker ihre Einträge auch auf Französisch, Englisch oder Deutsch verfassen dürfen. Doch als dann die spanischen Kollegen auftraten und verlangten, dass auch sie in ihrer Sprache schreiben durften, wurde es dem Kongress zu viel: Er entschied sich für die eine Sprache, die keinem einen Vorteil verschaffte, weil alle sie lernen mussten.
Sprachpolitik:Neutral ist nur die Macht, die alle beherrscht
Lesezeit: 5 min
Warum wurde das Englische zur internationalen Wissenschaftssprache?
Von Thomas Steinfeld
SZ-Plus-Abonnenten lesen auch:
Liebe und Partnerschaft
»Zeit ist ein mächtiger Faktor für Beziehungen«
Smartphone
Wie man es schafft, das Handy öfter wegzulegen
Dating
"Zu viel Ehrlichkeit halte ich für ein Warnsignal"
Gesundheit
»Die Leber braucht sehr lange, um zu regenerieren«
Feministische Außenpolitik
Feminismus und Geschwafel